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Zweites Buch.
Periode.
lich aus. In anderen Techniken, Metallarbeit, Goldfchmiedekunft, juvelierarbeit,
verfuchte er fich, wenn er es auch nicht immer zur vollendeten Meifterfchaft
in ihnen brachte. Dafür liefs er aber alle diefe Kunflzweige in feinen Werk-
{tätten durch begabte Schüler betreiben, die er unterwies und beaufflchtigte,
auch mit auf Reifen oder an den Hof nahm, damit ihre Erfahrung und An-
fchauung {ich erweiterten.
Im Kirchendienfte, zu Ehren des Höchften wurden die Arbeiten in folchen
WerkPcätten des Klerus unternommen; gefchäftliche Rückfichten, materieller
Erwerb und Concurrenz kamen niemals in Frage. Mit technifcher Präcifion
und treuer Emfigkeit, ohne materielle Sorgen, freudig, aber allerdings auch
ohne jenes wahrhaft fpontane künPclerifche Streben, welches die ganze Perfön-
lichkeit des Menfchen durchdringt und feine Kräfte auf das Höchfte fpannt,
arbeiteten die Einzelnen; was {ie vollbrachten, wurde in Ehren gehalten, war
ein Stolz ihrer Kirche und Ward oft der Erwähnung in fchriftlichen Aufzeich-
nungen Werth gefunden. Auch die Künftler aus dem Laienftande, welche für
kirchliche Zwecke befchäftigt wurden, {tanden unter geiftlicher Zucht.
läglgflägäage Neben der Kunftpflege des Klerus ifl aber auch diejenige der Höfe nicht
zu überfehen, deren Prachtliebe die Kräfte in Bewegung fetzte, fowohl im'
Dienfre des eigenen Luxus wie zu frommen Stiftungen. lVlit den Höfen {landen
die Bifchöfe, damals die höchften Würdenträger des Reiches, die bedeutendften
Staatsmänner und Stützen des Throne-s, in unausgefetzter Beziehung; der Hof
war ein Sammelpunkt, wo das Koftbarfle zu fehen, die bellen MuPcer auch
aus entlegenen Gegenden zu finden waren, und von wo aus neue künftlerifche
Anregungen nach den verfchiedenen geiftlichen Sitzen ausftrömten.
Kunßhücher. Von der in den Klöftern verbreiteten Kunfterfahrung haben wir neben
den künftlerifchen auch fchriftliche Zeugniffe; die Tradition war zugleich eine
litterarifche, Regeln und Recepte wurden von Gefchlecht zu Gefchlecht über-
liefert, abgefchrieben, gefammelt und redigirt. Die wichtigfte Schrift diefer
Theophilus. Art ift des Tßeophzilzzs Schedula diversarum artiuml), jenes zuerft von
Gotthold Ephraim Lefiing in feiner Bedeutung gewürdigte Werk. Die ältefte
Handfchrift des Buches, in der Bibliothek zu Wolfenbüttel, rührt fchon aus
dem I2. Jahrhundert her. Der Verfaffer nennt {ich am Eingange felbft einen
humilis Presbyter; dafs er ein Deutfcher war, wird durch einzelne deutfche
Ausdrücke im lateinifchen Texte bewiefen. Der Name Theophilus ift höchft-
wahrfcheinlich ein angenommener; nach einer allerdings erft in der Schrift des
I7. Jahrhunderts beigefügten Angabe auf dem Titel des zweitälteften Manu-
fcriptes in der Hofbibliothek zu Wien war ein Benedictinermönch Namens
Rzlgewius der Autor, und diefer ift, einer fcharffinnigen neueren Hypothefe zu-
folge, vielleicht identifch mit dem Mönche Kogkerus im Benedictinerklofter
Helmershaufen an der Diemel, der als der Meifter eines koftbaren, für Heinrich
von Werl, Bifchof von Paderborn (Io85-I127), gefertigten Tragaltärchens im
Domfchatze dafelbft urkundlich genannt wird. Von dem Malerbuche des Berges
Athos unterfcheidet der Theophilus {ich dadurch, dafs die Vorfchriften weder
den Stil noch die Gegenftände und die Anordnung der Bilder, fondern nur
I) Neueßze Ausgabe von A.
gefchichte; VII, Wien 1874.
für Kunft-
17g (Einleitung, Text und Ueberfetlung), Quellenfchriftexm