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Zweites Buch.
Periode.
Dritter Abfchnitt.
erklärlich ift und der Sprachmifchung in damaligen Urkunden und Münzen
aus dem heiligen Lande entfpricht; im Stile der Bilder {ind aber keine abend-
ländifchen Einflüffe wahrzunehmen.
Tragbare Seit dem I0. Jahrhundert wurden auch häufig kleinere tragbare Mofaik-
Abfallen bilder verfertigt. Der Louvre bewahrt eins mit der Darftellung von Chrifti
Verklärung (II. Jahrhundert) I), in den Opera del Duomo zu Florenz be-
finden (ich zwei fpätere, dem Baptifterium gehörige Tafeln mit je fechs Scenen
aus dem Neuen Teltamente.
Der Stil des Verfalles, wie wir ihn bei den Miniaturen kennen gelernt
haben, die fchematifche Wiederholung alter Mufter, die Verkümmerung der
Formen, die Leblofigkeit und Erftarrung treten in den monumentalen Arbei-
ten noch unerfreulicher zu Tage. In diefen Andachtsbildern iit die Phantaiie
des Künftlers noch ftärker gefeffelt, Alles wird vom kirchlichen Ceremoniell,
von der einfeitigen Feierlichkeit des Ausdruckes beftimrnt. Was der Künftler
hervorbringt, ift nicht aus feiner eigenen Empfindung geboren, fondern er wird
nur als der Handwerker angefehen, der das technifch ausführt, was die Geiß-
lichkeit verlangt, und der [ich ftreng an ihre von Gefchlecht zu Gefchlecht
überlieferten Vorfchriften zu halten hat. Je mechanifcher der Maler verfährt, je
mehr er im Schaffen eigenes Gefühl und felbftändige Motive unterdrückt, deüo
beffer erfüllt er das, was von ihm verlangt wird. Schon auf dem zweiten Con-
cile zu Nicaea (787) war den Bilderfeinden gegenüber, gewiffermafsen zur Recht-
fertigung, der Satz aufgefiellt worden: nDie Compofxtion der Bilder ift nicht
der Maler Erfindung, fondern der katholifchen Kirche Gefetz und bewahrte
Ueberlieferung, denn das Alte ifl zu ehren, wie der heilige Bafilius fagtu.
Wand-
und
Tafelmalerei,
textile
KunPc.
Wand? Neben der Mofaik wird zu gleichem decorativem Zwecke die Wand-
maleren malerei geübt, und diefe überwiegt nun, als minder kofifpielig und langwierig,
in der maffenhaften Production der fpäteren Jahrhunderte. Die forgfältige
Bereitung des Kalküberzugcs der Wände, die ausgebildete Technik hatten die
Byzantiner vom Alterthume gelernt. Kirchen in Syrien, in Griechenland ent-
halten folehe Arbeiten in Maffe. Eine Hauptfiätte diefer Production, die bis
auf den heutigen Tag ununterbrochen im gleichen Sinne fortdauert, ifi der
Berg Athos. heilige Berg Athos mit feinen zahlreichen Klöflern, feinen 935 Kirchen und
Capellen. Der Betrieb, der hier mit der Wandmalerei auch zugleich die Tafel-
malerei umfafste, war ein völlig handwerksmäfsiger. Von einer geifiigen
Schöpfung und von einem eigenen Studium war nicht mehr die Rede. Das
auswendiggelernte Schema, auf Grund von Durchzeichnungen früherer Werke
und von Vorfchriften übermittelt, wurde durch zahlreiche, gemeinfchaftlich
"arbeitende Hände wiederholt, und die umfangreichften Arbeiten wurden in
ftaunenswerth kurzer Zeit vollendet. Die Geftalten in blafs colorirter Umrifs-
zeichnung, ohne Schattenangabe, ohne Modellirung, ohne Ausdruck, erfüllen
wenigfiens immer noch ihren Zweck im decorativen Zufammenhange durch
paffende Vertheilung im Raume, angemeffene Abwägung der Localtöne, einfache
XVand-
malerei
Labarle,