Zweites Buch
Periode.
Dritter Abfchnitlu
der, nach byzantinifchem Ceremoniell knechtifch nicdergeworfen, zu Chrifii
Füfsen liegt, ift iicher nicht juftinian, für welchen er gewöhnlich gehalten wird.
Mit dem bartlofen Bilde Juftinians in S. Vitale zu Ravenna zeigt diefer
bärtige Graukopf keine Ucbereinfiimmung 1). Vielleicht darf man eher an
Bafilius I. denken, den wir als den Heriieller der Weftapiis kennen, in welche
diefe Thüre mündet, und dafür fprechen auch die gleichzeitigen Miniaturen,
namentlich die für ihn gefchriebenen Predigten Gregors von Nazianz in Paris.
Das Bild des Herrfchers felblt hat in diefem Codex leider zu fehr gelitten,
aber die Darftellung Chrifii, namentlich der thronende Erlöfer auf dem erften
Blatte, entfpricht völlig demjenigen unferer Mofaik, einem bärtigen Typus, aber
mit mehr gerundetem Geüchte und breiter Stirn. Diefelbe Uebereinftimmung
Endet man in Faltenwurf und Cofiüm. In Chrifti Untergewand bezeichnen
die iilbernen Lichter den Seidenfioff, der Mantel ift nach antikem Brauche, doch
mit peinlicher Küniilichkcit gefaltet. Das Hofcoftüm des Kaifers ift ein Beleg
aus der
64. Portalmofaik
I-Iagia Sophia, Conüantinopel,
Nach
Salzenberg.
für die aiiatifche Umgeflaltung der Tracht; er trägt, ftatt des Goldreifs, wie ihn
Juftinians Bild in S. Vitale zeigt, ein Perlencliadem, dann eine Tunica mit langen,
weiten Aermeln und eine bis zu den Knöcheln reichende, mit Perlftickerei
überladene Dalmatica, die feinen Körper Pceif und formlos wie ein Sack umhüllt.
Die runden Bruftbilder {ind das befte, namentlich der Engel (Fig. 65T: ift noch
vom reinften claffifchen Adel, aber Marias Kopf ftimmt mit dem Mad0nnen-
typus am weftlichen Hauptbogen unter der Kuppel, der {icher der Zeit Balilius I.
angehört, überein.
Die Technik zeigt noch volle Gleichmäßigkeit und Praecifion. In Wahl
und Zufammenftellung der Farben walten Harmonie und edler Gefchmack. Ob-
wohl ungleichartig der Epoche und dem Werthe nach, laffen die Mofaiken der
Hagia Sophia doch noch immer die Herrlichkeit der Decoration ahnen, die in
ihnen gipfelte. Mitten in der ftilvollen Theilung und Gliederung durch das
reiche Ornament erfcheinen die an richtige Stellen gefetzten Bilder in ihrer
erhabenen Ruhe und Symmetrie, in der Discretion und gefteigerten Helligkeit
I) Vgl. oben S. 172. Laöarle,
I. S. 37, kommt aber im Atlas
der
d urcl
bemerkt, denkt an Kaifer Ilcmclixls
ge VOTEIIJSfCTZLIHg wieder auf Juüinian
Telbc
lrichti
(6 r 0-6403,
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