220
Buch.
Zweites
Periode.
Abfchnitt.
Dritter
in tieffter Zerknirfchung, das Geficht im Staube, hinter ihm die Reue, die
finnend fich auf eine Brüftung lehnt. Unter den folgenden, auf Mofes und
auf Propheten bezüglichen Bildern ift der betende Jefaias befonders fehön,
umgeben von der Nacht mit Sternenfchleier und gefenkter Fackel und dem
Morgen, einem holden Knaben, der die Leuchte erhebt Auf dem letzten
Bilde, das den König Hiskia auf dem Krankenlager, dann nochmals
betend darftellt, erfcheint hinter ihm die Perfonification des Gebetes, den
Finger gegen den Mund erhoben, wie eine antike Mufe auf pompejanifchen
Wandbildern, an die auch die Scenerie, der Palaft mit feiner Treppe, die
Felfen und Bäume erinnern, hinter denen der Himmel zart röthlich ftrahlt.
32:33:. Einen Beleg dafür, dafs in diefer Periode oft directe Copien älterer Vor-
'bilder geliefert werden, bietet die chriftliche Topographie des Cosmas in
der Vaticana (Nr. 699), eine Handfehrift aus dem 9. Jahrhundert, deren 54
Bilder nur Reproductionen von Miniaturen aus dem 6. Jahrhundert, der eigenen
Zeit des Autors, f1nd2), allerdings mit fchwätcherem Vcrftandniffe in der Aus-
führung, namentlich mit mangelhafter Zeichnung der Gelenke. Auf Bl. 63b
thront in der Mitte König David, neben welchem der Knabe Salomo fteht.
Darüber ein Medaillon mit dem Kopfe des Samuel, darunter zwei Tänzerinnen
in clafflfchen Motiven der Bewegung, feitwiirts fechs Chöre des Tempels, jeder
angeordnet wie ein Rad, deffen Speichen acht Figuren bilden. Durch Kühn-
heit der Bewegung überrafcht Elias der auf dem feurigen Wagen gen Himmel
fährt, während Elifa feinen Mantel behält (66193).
VJaotEäB Dem 10. Jahrhundert gehört wahrfcheinlich die grofse (9,75m- lange)
Pergamentrolle mit colorirten Zeichnungen aus der Gefchichte des Jofua nebft
erklärenden griechifchen Infchriften in der Vaticana (Palatin. Gr. 405) an.
Das Machwerk iIt breit, ja flüchtig, aber viele Motive, befonders die lebendig
bewegten Kampffcenen weifen noch auf antike Vorbilder zurück. Wirkungs-
voll ift die Scene in welcher Jofua, ein Heros in römifcher Rüftung, der
Sonne Stillftand gebietet; hinter den anftürmenden Ifraeliten fitzt hier die
Stadt Gabaon als edle Frauengeftalt mit Mauerkrone und Sceptcr, obwohl
aufserdem etwas höher noch eine Stadtanficht angebracht ift4). Sonft wird
das Local, ja der Fufsboden nicht angedeutet, und an Perfpective fehlt
es ganz.
ravangeiiij- Zu den letzten Beifpielen eines Denkmals von edlem Stil, welche
"äätaiiläki? wir kennen, gehört endlich ein Evangeliaritlm zu Paris (Bibl. nat. Gr. 70),
phiarfjisih deffen genaue Datirung von befonderem Werth ift. Am Schluffe iPc angegeben,
dafs es unter Nikephorosi Regierung gefchrieben worden, und dies kann nur
Nikephoros II. (963-969) fein. Die Evangeliitenß) erfcheinen jedesmal
ftehend, aber ohne Boden unter den Füfsen, auf Goldgrund; die Köpfe athmen
tieferes Leben, die Füfse fmd klein, aber meift ebenfo wie die Hände wohlver-
I) Mantfazzcvn, Palaeographia graeca, Paris 1708. Abbildung zu S. I3. Achnliches Motiv im
Jefaias der Vaticana, Agincaurl, Taf. 46.
z) Nach Mnfaucon. Vgl. Lzzäarle, wo auf Taf. 79 clns zuerfl; befchriebene Bild.
3) Agincaurt Taf. 34.
4)" Palaeog. Society Taf. 108. Vgl. Aginraurt Taf. 28-30.
5) Labnrle Taf. 84. Vgl. auch Silvestre, Bd. II. Vdrwandt die Evangeliarien Gr. 64, Paris,
Bib. nat., und Cimel, B. 4, Suppl. Kollar VI, Wien, Hofbibliothek.