altchrißliche Miniaturmalerei.
Die
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malerifcher, fondern in architektonifcher Anordnungl). Auf dem vierten Bilde
(Fig. 5 3) erfcheint Dioskorides, der Verfaffer, weifsgekleidet auf einem goldenen
Seffel, und vor ihm fteht eine Frauengeftalt in goldener Tunica und rothem
Mantel, der perfonificirte Act des Auffindens (eiigeolg); fie hält ihm die fagen-
hafte menfchenähnliche Wurzel Mandragora (Alraun) vor, und zwifchen ihnen
fällt der Hund, der diefe hervorgefcharrt, der Mythe entfprechend, todt um.
Der Kopf des Dioskorides fpiegelt die Freude über den Fund. Auf dem fünften
Bilde fleht die Heurefis in der Nifche einer Säulenhalle und hält die Alraun-
wurzel, während einerfeits ein Maler an der Staffelei fitzt und diefe abmalt,
andererfeits Dioskorides über fie fchreibt?) Nicht minder werthvoll find dann
die zahlreichen grofsen Abbildungen von Pflanzen, die im Texte folgen; Ge-
nauigkeit und Schärfe des Naturftudiums vereinigen fich hier mit befcheidenem
aber meifterhaftem und reizvollem Vortrage. Die Schlangen, Käfer, Vögel
gegen Ende des Buches find ebenfalls gefchickt, aber trockener behandelt.
Das herrliche Dedicationsbild diefes Buches reicht hin um zu beweifen, dafs
wir hier ein Originalwerk vor uns haben, und dafs die Bilder nicht etwa
Copien älterer Darftellungen find. Wie der Maler der Pflanzen diefelben un-
mittelbar nach der Wirklichkeit wiedergegeben, fo hat auch der Urheber der
einleitenden Bilder diefe frei gefchaffen; die Behandlung zeigt überall die
felbftändige Künftlerhand. Die Bilder der Genefis find intereffant aber flüchtig,
diefe dagegen mit aller Sicherheit und Vollendung, deren die Zeit fähig war,
ausgeführt; auch hier verräth fieh die finkende Kunft in manchen Incorrect-
heiten, aber die ererbte Meiflerfchaft ift immer noch wahrnehmbar. _Das Nach-
leben der claffifchen Kunft in altchriftlicher Zeit ift in keinem erhaltenen
Werke der Malerei fo nachweisbar wie in diefem.
Einen verwandten Stil zeigen die abendländifchen Handfchriften der Zeit, Abendländi-
obwohl keine von ihnen auf folcher Höhe wie das eben gefchilderte Pracht- fiiiiiririiliiii'
Werk fteht. Noch ganz antik fmd die fchlecht erhaltenen Bilder aus der
Gefchichte des Saul auf einigen Blättern einer lateinifchen Bibelüberfetzung
in Berlin (Kgl. Bibliothek, 6. Jahrhundert, in Einbänden zu Quedlinburg ge-
funden). Menfehen und Pferde find trefflich gezeichnet, die biblifchen Helden
erfcheinen als römifche Imperatoren, die Ausführung war eine höchft faubere.
Derfelben Zeit gehört die Bibel des Klofters Montamiata in der Laurentiana
zu Florenz an 3), dem 7. Jahrhundert ein lateinifches Evangeliarium in der
I) ßrunn in Rizjkblir Opuscula III, S. 576 f., bringt diefe Bilder mit den Hebdomaden des
Varro in Beziehung.
2) O. 701m erläutert diefes Bild in den Abhandlungen der Sächflfchen Gefellfchaft der WViffen-
fchaften, V, S. 301 f.
3) Garrurri Taf. 126 f. Der Codex, eine lateinifche Bibelüberfetzung in gröfstem Folio, von
enormer Dicke, in zwei Colummen gefchrieben, enthält Fol. 1 verso einen höchft einfachen Bogen,
roth mit blauer Füllung, auf Pilaftern. Ueber Blatt 2 verso und 3 geht ein merkwürdiger Grundrifs
der Stiftshiitte hin, in ftark gumnlihaltiger Farbe ausgeführt. Das Hauptbild zeigt den Esdra (B1. 5)
als Sammler der altteltamentarifchen Bücher, nach Art der Evangelifien thronend und fchreibend;
hinter ihm ein Schrein mit geöffneten Thüren, in welchem die verfchiedenen Bücher liegen. Das
Geficht ift leider faft ganz abgethllen, die Motive und die Gewandung {ind völlig antik; ebenfo die
Technik bei {tark impailirten Deckfarben und breitem Vortrage. Der Grund iü; golden, die Einfaffung
beflzeht aus filbernen Leiften mit Füllungen in Gold und Farbe. Auf B1. 6 folgt eine Ueberfxchtstafel
der Bücher des Alten und Neuen Teftamentes, die in Kreuze und Rauten vertheilt Gnd und oben in