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Erßes Buch.
Zweiter Abfchnitt.
gewefen, wurde jetzt der Inhalt der Bilder felbfl.
Weffens hatte diefe Wandlung keinen Einflufs.
Aber
auf die
Länder
des
Italien
nach
Juffinians
Zeit.
Die Mofaiken in Italien feit dem Ende des 6. Jahrhunderts find fchon
deshalb nicht byzantinifch, Weil fie barbarifch zu werden beginnen, was die
Ravenna. Denkmäler in Ravenna wie in Rom bekunden. Dort tritt uns die künillerifche
Sälfiacolllislire Entartung in den Bildern von S. Apollinare in Claffe entgegen, der grofsen,
heute einfam in den Feldern gelegenen Bafilika der ehemaligen Hafenvorftadt
Claffis 1). Das Langhaus weift heute keine älteren Mofaiken mehr auf, und auch
die des Chores rühren keineswegs aus der Erbauungszeit der im Iahre 549 ge-
weihten Kirche her. Die Brufibilder von Matthaeus und Lucas und die frei-
bewegten Geiialten der Erzengel Michael und Gabriel mit Fahnen an den
Pfeilern des Tribunenbogens gehören noch zu den befferen. Das Medaillon über
demfelben, umgeben von den Evangeliften-Symbolen und von Lämmern, die
aus den beiden Städten hervorfchreiten, enthält ein fiarres, häfsliches Chrifius-
bild. An der Halbkuppel der Apfis gewährt die Hand Gottes über dem
Kreuze zwifchen Mofes und Elias eine fymbolifche Darftellung der Verklärung;
darunter fteht als Hauptfigur, im Priefterornate, mit betend ausgeftreckten
Armen, der heilige Apollinaris, auf welchen Lämmer von beiden Seiten zu-.
fchreiten. Fufsboden und Hintergrund diefes Theiles enthalten die Andeutung
einer Felfenlandfchaft mit Bäurnen. An der unteren Wand fehen wir zwifchen
_den Fenfiern die vier ravennatifchen Bifchöfe Ecclefius, Severus, Urfus und
Urficinus, feitwärts die drei Opfer des Alten Bundes, wie in S. Vitale, und
ihnen entfprechend ein Ceremonienbild: den Bifchof Reparatus (672-677),
der die Beftätigung kirchlicher Privilegien von Kaifer Conflantin IV. und
feinen Brüdern Heraclius und Tiberius empfängt. Damit ift die Entfleh-
ungszeit diefer Mofaiken fefigeiicllt, auch die des Bogens fcheinen kaum älter;
allenfalls könnten die in der Halbkuppel etwas früheren Urfprungs fein. Das
myItifch-fymbolifche Spiel ift hier auf die Spitze getrieben, und wie dadurch
das Unkünftlerifche in der ganzen Auffaffung überwiegt, fo ift auch die Be-
handlung empfindungslos und trocken. Die Pcrenge Zucht der Juftinianifchen
Epoche ift vorbei, und die Bilder lind ein Beleg für den Verfall, der feit der
Errichtung des Exarchates über Ravenna hereingebrochen war.
Rom In Rom hat die Epoche Juftinians keine Schöpfung hinterlaffen, deilo
productiver war die folgende Zeit, befonders das 7. Jahrhundert. Der Abfiand
zwifchen diefen Mofaiken und der von S. Cosma e Damiano ifl ein erheblicher,
aber eine fo ftarke Barbarifirung, wie fie das zuletzt befchriebene Werk für
Ravenna dargethan hat, trat zunächft noch nicht ein. Aus der Behandlung
ift freilich der felbftändige Geift früherer Zeit gewichen, {ie ifi nüchtern und
conventionell, für den Mangel bedeutenderen inneren Lebens follen die Pracht
der Erfcheinung, der Coftümprunk, der Golclgrund, der hier jetzt eben fo wie
in Byzanz zur Regel wird, entfchädigen.
Garrucri Taf.
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