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Erfies Buch.
Zweiter Abfchnitt.
Prellungen und Ergänzungen feine Entftehung, und fo können wir die Mofaiken
der Sophienkirche erft in einem der folgenden Abfchnitte behandeln.
Sghgägrg Dagegen gibt uns heute von dem Mofaikenfiil in der Zeit Juflinians
lonikn. noch die Rundkirche St. Georg zu Salonichi (Theffalonika), jetzt
Mofchee, einen Begriff. Die rechteckigen Nifchen des Unterbaues find
mit Früchten, Zweigen, Vögeln gefüllt; an der Kuppel ftehen die Einzelge-
ftalten von Heiligen mit feierlichen Geberden, und über ihnen fteigt eine
prächtige Architektur, belebt von fymmetrifch angeordneten Vögeln, in die
Höhe und hebt {ich vom Goldgrund ab (Fig. 50). Man hat diefe Bilder wegen
der fchlichten Anlage des Bauwerkes und wegen des rein clafüfchen Stils der
Gewandfiguren noch in die Zeit Conftantins fetzen wollen, aber wir halten eine
fpätere Entfiehung für wahrfcheinlich 1). Die ältere wahrhaft malerifche
Auffaffung ift hier fchon durch den ftatuarifchen Stil verdrängt, und die Archi-
tektur, eine Nachbildung von Holzbau mit Säulen, Architraven und kleinen
Kuppeln, ifl zwar immer noch claffifch, aber die Detailformen, wie die Combina-
tion derber 'I'rapezcapitelle mit ionifchen Voluten, entfprechen dem Stil,
welchen die byzantinifche Architektur erft feit dem 6. Jahrhundert ausbildet.
Gewifs fehr wichtig, aber nicht datirt {ind die Mofaiken in der Kirche des
Sinaiklofiers, die uns neuere Reifende fchildern 2). Ueber dem Bogen halten
zwei fchwebende Engel die Bruiibilder des bartlofen "Mofes und der heiligen
Katharina, feitwärts ift Mofes vordem Dornbufche und mit den Gefetzestafeln
auf Sinai zu fehen. Die Apfis enthält das grofsartige Bild der Verklärung,
von einer Bordüre mit Propheten- und Heiligen-Bruitbildern umfchloffen.
Paare Eine andere Gattung mufivifcher Bilder ift vollftändig untergegangen: die
Rßlhmgen. profan gefchichtlichen Darftellungen in den Herrfcherpaläften. Die Thaten und
das Leben der Despoten waren, ebenfo wie in den Paläfien des orientalifchen
und des helleniftifchen Alterthums, auch in Byzanz ein Hauptvorwurf für die
Ausfiattung der Räume, aber wir müffen uns heute mit den alten Befchreibungen
begnügen. In der Chalke, jener Prachthalle im Palafte juftinians, waren
die Siege feiner Heere in Africa und Italien, die Eroberung von Städten,
endlich die Rückkehr Belifars dargeftellt, der an der Spitze des Heeres dem
Kaifer und der Kaiferin, welche von Senatoren umgeben daflanden, die ge-
fangenen Könige und die Trophäen vorführte 3).
(immun? Ferner lebte, namentlich in dem Schmuck der Profangebäude, jener rein
I" 5M ornamentale Stil weiter, den wir in den älteften chriftlichen Mofaiken Italiens
kennen gelernt haben. Wir beützen noch ein glänzendes Zeugnifs für diefen
Gefchmack, aber allerdings nicht auf dem Boden von Byzanz felbfi, fondern
1m Dimm, in einem Denkmale des Islam; der Mofchee Qoubet-es-Sakhrah zu ]eru-
jljinlfälißj f alem. Die ornamentale Glasftift-Mofaik in den Zwickeln der Arcadcn gehört
noch der Zeit des 691 vollendeten Baues felbft an, befteht aus ftilifirtem
I) So urtheilt Unger, a. a. O. Bd. 84 S. 4.07. Farbige Publication bei T exißr und R. Papie-
well Pullan, architecture byzantine, London 1864, Taf. 30-34. Danach ein Stück bei Liiblze und
Lützow, Denkmäler der Kunü, 3. Auflage, Taf. 34b.
2) Ebers, Durch Gofen zum Sinai, Leipzig 1872, S. 273. Nach feiner Anficht 7. bis 8. jahrh.
Nach der Infchrift frnd die Bilder unter dem Kloftervorßeher Longinus verfertigt worden, deffeu Zeit
aber nicht ermittelt Hi.
3) Prompius, de aediiiciis L. I cap. I0. Corp_ SS. hist. Byz. p. II, V01. III, Bonn 1838, S. 204.