Mofaiken.
Die altchrißlichen
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Hafenftadt Byzanz war in die kaiferliche Refidenzftadt Conftantinopel umge-
wandelt worden. Wo die fchmale Meerftrafse des Bosporus fich gegen die
Propontis öffnet, breitete vdie neue Roman {ich aus, dem Handel zugänglich,
der ihr die Schätze von zwei Welttheilen in den Schofs fchüttete, und gegen
jeden Angriff gefichert. Zwifchen dem Meere und dem tiefeinfchneidenden
Hafen, dem Goldenen Horn, verzweigte fie fich über Anhöhen und Thäler.
Das Machtgebot eines Herrfchers liefs die Stadt in die Höhe fteigen. Mauern,
Säulenhallen, Wafferleitungen, Hippodrom, Bäder und andere öffentliche Ge-
baude {landen in kurzem vollendet, die Städte Griechenlands und des Orients
mufsten ihre köftlichften Schätze, ihre Denkmäler in Marmor und Erz her-
geben, um die neue Kaiferftadt zu fchmucken, ja fogar ihre Handfchriften
und Bibliotheken fpenden. Künftlich wurde eine grofse Bevölkerung herge-
zogen, und an diefer Stätte des Luxus fanden kunflfertige Kräfte jeder Art
ihr Arbeitsfeld 1).
Die byzantinifche Kunft fleht, wie die abendländifche diefer Periode, unter
dem Eintlufs der antiken Ueberlieferung, aber die Tradition waltet hier in den
Werkfiätten viel ungeftörter weiter und wird durch die Fülle von Kunftwerken
befferer Epochen, wie iie feit der Gründung von Byzanz hier aufgehäuft
worden, genährt. Die Einbrüche der Barbaren blieben Conftantinopel erfpart.
Der höfifche Luxus, welcher in der Refidenzfladt des Kaifers heimifch war, be-
günftigte die Production. Unter diefen Verhältniffen blieb vor Allem die
Technik auf einer gröfseren Durchfchnittshöhe und zeichnete {ich durch Solidität
und Präcifion aus.
Freilich reichen die Denkmäler der monumentalen Malerei, die Mofaiken,
am wenigflen hin, um ein Urtheil über Charakter und Gefchichte der byzan-
tinifchen Malerei in den erften Jahrhunderten nach Gründung Conftantinopels
Zu geftatten, denn nur wenig ift erhalten, und auch dies ift keineswegs ficher
datirt. Noch immer beruht die Darftellung der byzantinifchen Malerei in
unferen beften kunftgefchichtlichen Werken auf falfchen Vorausfetzungen, in-
dem fpätere Schöpfungen in eine zu frühe Periode gefetzt werden.
Die Hauptfchöpfung juftinians ift die Hagia Sophia in Conftantinopel, Hagia
geweiht der göttlichen Weisheit, der zweiten Perfon der Gottheit," begonnen Sophia"
im Jahre 532, nachdem der ältere Bau aus Conftantins Zeit während des Nike-
Aufflandes zu Grunde gegangen war. jetzt ift fie Mofchee, die Mofaikbilder
find nur noch theilweife vorhanden und mit Tünche überdeckt, aber bei der
letzten Reftauration (1847) kam das Erhaltene auf einige Zeit zum Vorfchein
und konnte nachgebildet werden. Im Inneren entfalteten {ich alle Zweige
künftlerifcher Technik, über welche das neue Rom gebot; in derjenigen
Ausftattung, die unmittelbar mit der Architektur zufammenhing, überwog die
Flächendecoration, der monumentale Teppich, unten als farbige Marmor-
fäfelung, oben, über den Gefimfen, an Gewölben und Bogenfeldern, als Glas-
Pcift-Mofaik. Aber das vorliegende Material reicht nicht aus, um erkennen zu
laffen, wie viel von dem Vorhandenen noch der Zeit juftinians angehört, ja ob
irgend etwas auf fle zurückgeht. Das Meiile dankt offenbar fpäteren Her-
I) Sclznaafe, Bd. III. F. W Mzger,
E1131! u. Gruber, I. Section, B. 34, 85.
Chrifilich
grieghifche
oder
hyzantinifche
Kunft.
Bei