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Buch.
Erfies
Abfchnitt.
Zweiter
überlegen den ähnlichen Gewandfiguren in Stuck, welche zwifchen den Area-
den des oberen Stockwerkes ftehen. Am Saume der Kuppel beginnt wieder
Mofaik, zunächft ein Fries mit perfpectivifchen Aniiehten dreifchiftiger, von
Säulen getragener Kirchen als Sinnbilder der Kirche felbit; dann an der Wöl-
bung die zwölf Apoflel, welche, Kronen in den Händen, einander im Kreife
feierlich entgegenfchreiten. Ueber ihren Häuptern hängen Teppiche, zwifchen
ihnen wachfen {iiliiirte Blumen in die Höhe, um das Paradies als Schauplatz
anzudeuten; ihre Köpfe find von römifch-individuellem Gepräge. Das mittlere
Rund füllt die Taufe Chriiti. Bei dem taufenden Johannes überrafcht das Ver-
ftändnifs der Form und der ausdrucksvolle Adel der Bewegung. Der Jordan
iit nach antikem Brauche als Flufsgott perfonifieirt.
Cägfeggflge Von ähnlichem Kunftwerthe find die Mofaiken in der Kirche S. Nazaro
Placidia e Celso, der Grabcapelle der Regentin Galla Placidia (T 450), die fich dies
Denkmal noch bei ihren Lebzeiten errichtet hatte l). Die Kuppel über der
Vierung enthält das Kreuz und die Evangeliilen-Symbole, die Querhausarme
iind mit Apoftelgeiialten gefehmückt. Das läogenfeld über der abfchliefsenden
Chorwand, durch ein Feniier getheilt, zeigt rechts den heiligen Laurentius,
der, ein Kreuz auf der Schulter, auf den glühenden Rofi: zufchreitet, fo dafs
alfo die Darftellung des Martyriums felbft noch vermieden ift, links einen
Schrein mit den vier Evangelien. Das fehönfie Bild füllt das Bogenfeld über
dem Eingang: der gute Hirt, in goldener Tunica und purpurnem Mantel,
fitzt in feliiger Uferlandfchaft läfiig da, die Linke erhoben am goldnen
Kreuzesftabe, die Rechte in anmuthiger Wendung über den Schofs hinüber-
geftreckt um ein Lamm zu liebkofen. Die Thiere {ind dürftiger als in
S. Cosma e Damiano zu Rom, aber in der Hauptfigur lebt noch das fchwung-
volle Liniengefühl des Alterthums (Fig. 47). Hier erfcheint der gute Hirt
nicht blofs als Symbol des Heilandes, fondern er ift Chriftus felbft, Wie der
Nimbus und das Kreuz, die feierliche Auffaffung an Stelle der genrehaften
in den Katakomben darthun. Der Grund ift überall blau; Ranken, Guirlanden,
Mäander-Verzierungen bilden die Umrahmungen.
Qrlsoyhcu- Die eifrige Kunftthätigkeit dauerte in Ravenna fort, nachdem diefes im
2m Jahre 493 die Hauptitadt des Oltgothen-Reiches in Italien geworden war.
Wie Theodorich die antike Cultur zu erhalten," ihre Denkmäler zu fchützcn
ilrebte, fo verwaltete und pflegte er auch die Kunit, die er bei den Einheimia
fchen vorfand, und obwohl die Gothen Arianer waren, beftand doch bei der
Toleranz des Königs ein gutes Verhältnifs zur römifchen Kirche, bis fich
Papit Johann im Jahre 523 von Byzanz her gegen die Ketzer aufftacheln liefs.
So nimmt man denn auch in den Mofaiken der gothifchen Zeit keinen Inhalt
der auf Verfchiedenheit der Lehre hinwiefe, und keine andere Wendung des
Stiles wahr als die, welche ilCh aus ihrer fpäteren Entftehung ergibt. Die
Baptifleriunl Kuppclmofaik im Baptiiterium der Arianer (Santa Maria in Cosmedinlz) Primmt
Andaiier. dem Gegenftande nach mit der im katholifchen Baptilteritim überein, ficht
aber der clafflfchen Tradition bereits ferner. Bei der Taufe iPc das Motiv des
Johannes lahmer, feine Stellung ungefchickt, der Jordan erfcheint, wie das nicht
l) v. Quasi Taf. II-
2) Garurci Taf. 241.
Gamrci Taf.