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Buch.
Erßes
Zweiter Alufclmitt.
Stoffgebiet ein, und der Kreis der Gegenftände wird erweitert. So beginnen
nun erzählende Bilder aus der heiligen Schrift, die freilich neben den reprä-
fentirenden Darftellungen nur einen befcheidenen Raum, den Fries über den
Oberfenftern des Langhaufes, einnehmen.
Läglgfgriea In der Bafilika Santa Maria Maggiore rührt diefer Cyclus, bis auf
'einige fpäter erfetzte Bilder, noch aus der Zeit Sixtus III. (432-440) her und
gibt einerfeits die Gefchichte der Erzväter, andrerfeits die des Mofes und des
Jofua, mit antiken Anklängen, etwa an die Reliefs der Trajanfäule, aber zer-
fahren in der Compoiition und für angemeffene Wirkung nicht grofs genug.
Die Bilder des Bogens vor der Tribuna find ebenfalls in kleinere Einzelfelder
in vier Reihen zerlegt. Die Mitte über dem Scheitel des Bogens nimmt der
Thron Gottes, das Sinnbild feiner Allmacht, zwifchen Petrus und Paulus ein,
dann folgen Scenen aus der Kindheitsgefchichte Chrifti, beginnend mit der Ver-
kündigung Marias, der die Verkündigung des Zacharias entfpricht, zuletzt unten
die Städte Jerufalem und Bethlehem als Gruppen von Mauern und Gebäuden 1).
s. P3910 In chronologifcher Hiniicht würde zunächft der Triumphbogen in der
ieflfjggrofsen Bafilika St. Paul vor den Mauern kommen, der, laut Infchrift,
feine Mofaik durch Galla Placidia, die Schwefter des Kaifers Honorius,
unter Papft Leo I. empfing (um 440). Doch der jetzige Eindruck des Werkes
iPt auffallend barbarifch für diefe Zeit. Jedenfalls ift es nach dem grofsen
Brande von 1823 ftark reitaurirt worden; aber auch fchon ältere Abbildungen
haben etwas für jene Frühzeit Befremdendes. Es bildet eine einheitliche Com-
pofition aus der Apokalypfe: in der Mitte das koloffale Bruflbild Chrifli, von
einer Regenbogenglorie umfchloffen, feitwärts die Evangeliilenfymbole, unter
diefen die 24 Aelteften, die ihre Kronen darreichen, tiefer endlich Petrus und
Paulus2). Der bärtige Chriflus mit niedriger Stirn, fchräg gegen die Nafe ge-
fenkten Augen, zu grofser Oberlippe und zu hoch gefetztem Schnurrbarte foll
löwenhaft-majeftätifch fein, flreift aber an das Fratzenhafte. Der riefige Mafs-
flab foll die nicht erreichte geiflige Gröfse erfetzen. Die geneigten Geitalten
find Reif, die Farbenhaltung ift eintönig und der Goldgrund ift für diefe Zeit
noch ungewöhnlich. Allerdings kommt derfelbe auch am Gewölbe der kleinen
Schwand Capelle San Giovanni Evangelista am Baptifterium des Laterans vor, die
Evämgelma" unter Papft Hilarius (461-468) rein decorativen Mofaikfchmuck nach älterer
Art, mit Blumen und Früchten, Vögeln, dem Gotteslamm in der Mitte,
empfing 3).
Während im 5. Jahrhundert Staat und Stadt immer mehr verfielen, der
Wohlftand der Einzelnen mit dem der Gefammtheit zerrüttet ward, und Rom
fogar zwei furchtbare Plünderungen durch die Weflgothen und die Vandalen
erlebte, trotzte eine Macht diefen Stürmen: die Kirche. Ihr Reichthum wuchs
durch die Schenkungen der Gläubigen, befonders an Landbefitz, und fie konnte
fortfahren, das, was von Roms finkender Kunflfertigkeit noch übrig war, an
fich zu feffeln. Als dann nach wiederholter Verheerung Italiens, nach dem
bafilica
I) Abbildungen bei Seroux_ dßginrourt Tf. I4, I5. Agajlino Valenlini: La patriarc. bafilicn
Liberiana. fol. Roma 1839. Garuui, Taf. 211-222.
2) Gulenfohn und Ähapp Taf. 4I. E. Fäzßer, Denkmals ital. Malerei, Leipzig 1870, I. Taf. I0.
Garucri Taf. 237. Die Abbildung bei Ciampilzi Taf. 68 zeigt, dafs damals grofse Stücke fehlten.
3) Garurri Taf. 238.
V zzlenlini :
patriarc.