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Erßes Buch.
Eriler
Abfchlaitt.
zwar Werke profanen Charakters in chrifilicher Zeit schuf, aber zu religiöfen
Aufgaben nicht verwendet werden konnte, wurde die Malerei zu rein decora-
tiven Arbeiten herangezogen, in denen fich nach und nach ein eigenthümlich
chrifllicher Inhalt zur Geltung bringt.
Bodaelfflßr Ihren Boden hatte die altchriftliche Kunfl im ganzen Umfang des römifchen
Chrlägijßäish Reiches, überall wo chriflliche Gemeinden entftanden waren, vorzugsweife in den
gröfseren Städten, wo überhaupt die Kuniiproduction lebhaft fortdauerte, und
in den Gemeinden die Anzahl gefellfchaftlich höher ftehender, gebildeter und
daher kunPcliebender Mitglieder gröfscr war. Provincielle und locale Unterfchiede
ordnen {ich zunächfl dem einheitlichen Gefammtcharakter der Kunii ebenfo
unter, wie in der Kunfi der römifchen Kaiferzeit überhaupt, die Formenfprache
ili überall diefelbe, mag auch die Höhe der küniilerifchen Leiftungsfähigkeit
an einzelnen Orten gröfser, an anderen geringer fein. In erfter Reihe ftand
natürlich Rom, die Ilauptftadt des Reiches, die Erbin der Cultur von drei
Welttheilen. Während die KunPt des Alterthums hier trotz ihres Verfalls noch
immer glänzende Schöpfungen, öffentliche Gebäude im gröfsten Umfang und
von äufserfler Pracht, koftbare Denkmäler und Bildfaulen entliehen liefs, regte
{ich hier fchon im Stillen die chriiiliche Kunfl in ihren befcheidenen Anfängen,
die wir heut nur noch in Rom zufammenhängend verfolgen können, und zwar
zunächft in unterirdifcher Exiftenz. Von allen vorangegangenen Culturepochen,
und fo auch von diefer, geben uns die Gräber das treueite und vollkommenfte
Bild; in ihnen i{t geborgen und erhalten geblieben, was über der Erde zu
Grunde ging.
Cnergigäricn Der Name nKatakombena für die unterirdifchen Coemeterien oder
Katakomben. Friedhöfe der alten Chriften ift zunächfi nur eine Ortsbezeichnung; coemeterium
ad catacumbas hiefs der Friedhof des heiligen Sebaltian bei Rom, und von
diefem wurde die Bezeichnung fpäter eine allgemeine.
Auch in Zeiten, in denen die Religion der Chriften nicht mehr des Schutzes
theilhaftig war, den das Judenthum im römifchen Reiche genofs, fondern mit
Mifstrauen angefehen und verfolgt wurde, genoffcn die Begräbnifsfiätten der
Chrifien den vollen gefetzlichen Schutz, welchen die Pietät der römifchen Ge-
finnung dem Grabe überhaupt gefichert hatte. Die Coemeterien, Eigenthum
einzelner chriitlicher Familien oder befonderer Begräbnifsgefellfchaften, die {ich
nach dem Beifpiel römifcher Funeral-Collegien gebildet hatten, konnten öffent-
lich angelegt werden, die Beftattung innerhalb derfelben, die Feier beliimmter
Gedenktage in" ihnen waren ungehindert. Innerhalb der alten Ringmauern des
Servius Tullius war die Beftattung gefetzlich unterfagt, alfo hatten auch die
Chriften aufserhalb derfelben ihre Coemeterien anzulegen, und da fie ihre
Todten nicht nach dem bei den Römern überwiegenden Brauche zu verbrennen,
fondern nachjüdifcher Gewohnheit zu beerdigen pflegten, benutzten fie die Boden-
befchaffenheit der Umgebung Roms und wählten diefe unterirdifchen Grabes-
ftätten, errichteten aber zunächft auf denfelben Capellen und anfehnliche Ein-
gänge, die {ich keineswegs dem Blick der Oeffentlichkeit entzogen. Erft als
ein Edict Valerians im Iahre 257 die religiöfen Verfammlungen an diefen Stätten
unterfagte, und als die Verfolgung nicht immer vor ihnen Halt machte, Pcellte
{ich das Bedürfnifs, {ie zu verheimlichen, heraus. Nach der Anerkennung des
Chriftenthums unter Coniiantin kamen die alten Coemeterien immer mehr aus