Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

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Zweites 
Buch. 
Zwei 
Abfclmill. 
Landfehafrcn. Was die Landfehaften betrifft, fo find diefelben fo zahlreich vorhanden, 
dafs fchon YVinckehnann ausfprach, udie meiiien der herculanifchcn Gemälden 
{teilten uLandfchaften, Häfen, Lufthäufer, Wälder, Fifchereien und AnilChiICnn 
dar. Wenn fie fich heute auch nicht mehr in der Mehrzahl befinden, fo bilden 
 {ie doch einen aufserordentlich grofsen Befiandtheil des gefammten Vorraths. 
Schon in der römifchen Wandmalerei, deren Parklandfehaft von Prima Porta 
und deren Odyffeelandfchaften vom Esquilin zu den bedeutendfien erhaltenen 
Werken gehörten, ja, fchon in den Mofaiken fahen wir diefelbe Erfcheinung. 
Anftatt anzunehmen, wie man früher wohl that, die Alten hätten fich über- 
haupt um die Landfchaft nicht bekümmert, find wir alfo in der Lage, nach- 
zuweifen, dafs wenigftens in der erften Kaiferzeit landfchaftliche Dariiellungen 
zu den allerbeliebteften gehört haben. 
Wenn nun auch die landfchaftlichen Motive, die in diefen Bildern zur 
Anfchauung gebracht werden, aufserordentlich mannichfaltig find, fo läfst fieh 
im Allgemeinen auch in diefer Gattung doch ein befiimmter, ebenfalls auf 
das Leichte, Heitere, Anmuthige gerichteter Charakter deutlich erkennen. 
Nicht die einfame, wilde, grofsartige Natur wird hier dargeftellt, fondern, ab- 
gefehen von einigen mit wilden Thieren bevölkerten Iiinöden, die der 'l'hiere 
wegen gewählt fmd, zeigen diefe Landfchaften ftets deutliche Spuren der 
menfchlichen Cultur. Die Heiligthümer im Freien, von dem einfachen, mit 
Weihgefchenken behängten heiligen Baume bis zu grofsen Tempclbezirken, 
vor denen der Rinderhirt feine Heerde weidet, (ind voll idyllifchen Friedens dar- 
geftellt. Dorflandfchaften mit breiten, bevölkerten, durch Statuen gefchmtick- 
ten Strafsen wechfeln mit ftadtifchen Veduten ab. Die Städte find meifi von 
der Seefeite aufgenommen, und von den belebten Uferftrafsen ficht man Hafen- 
dämme in das von Schiffen und Böten wimmelnde Meer hinausgcbaut. Die 
Villen, welche hart am Meeresfirande fieh rings an dem Golfe von Neapel 
erheben, kommen anmuthig charakterifiifch zur Anfchauung. Die fchon er- 
wähnten Gartenlandfchaften waren fo in der Mode, dafs eine Zeit lang! jeder 
die Mauer feines Gartens mit einer folchen gefchmückt zu haben fcheint. 
Ueber alle diefe Bilder wölbt fich ein gleichmiifsiger blauer Himmel. Wolken 
und befondere Beleuchtungseffecte werden vermieden, aber Licht- und Schatten- 
 feiten find an den einzelnen Gegenftänden energifch unterfchieden und die 
Schlagfehatten deutlich angegeben. Dafs befiimmte Gegenden individuell 
wiedergegeben feien, liifst (ich nicht beweifen. Es ift das höchftens bei einer 
doch nicht der landfchaftlichen Wirkung wegen erfundenen Anficht des Platzes 
vor dem pompejanifchen Amphitheater der Fall, welche eine rohe, um grie- 
chifches FormengefühLunbekümmerte, doch realiflifch ausführende Hand zeigt. 
Wohl aber fpiegelt {ich im Allgemeinen die unteritalifche Landfchaft, befon- 
ders die Küftenlandfchaft mit allen Bauliehkeiten, welche menfchliche Induitrie, 
Prachtliebe und Frömmigkeit hier errichtet hatten, mit dem ganzen fröhlichen 
Menfchentreiben, welches wir noch heute in jenen Gegenden im Freien fich 
bewegen fehn, in grofsen, etwas conventionellen, aber klaren Zügen wieder. 
Iilytpciäggi- Zu den intereffanteften und fchönften Landfchaften gehören übrigens auch 
SYaPF-age- hier diejenigen mit mythologifcher Staffage. Die Mythen, welche befonders 
oft in foleher Weife landfehaftlich dargefielltßiverden, find das Parisurtheil, die 
Befreiung der Andromeda, der Sturz des Ikaros, die Schleifung der Dirke u. f. w.,
	        
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