Die
Werke der
erhaltenen
griechifch-römifchcn Malerei.
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fur die Kaltbäder-Säle der Thermen; aber auch an den Mauern der Hof-
garten fehen wir fie mit Vorliebe dargeftellt. Ihr Zweck ift offenbar, die
Räume zu erweitern, die Wände durch eine anmuthige Täufchung fortzufchaffen
und die freie Natur hereinzuholen in die engen Behaufungen der Stadt.
Eine zweite Gruppe bilden grofse Wandgemälde, die doch nur Theile ganzer Gemeine
Wände einnehmen, fodafs, durch Pilafter getrennt, wenigftens feitwärts mehrere wamm
von ihnen neben einander angebracht fein können. Diefe Bilder {treben nicht
in demfelben Grade nach Illufion, wie die zuerfl genannten. Nur wo fie, wie
etwa im Triclinium jenes römifchen Haufes auf dem Palatin, als eigentliche
Ausblicke durch Fenfteröffnungen der Wand charakterifirt erfcheinen könnten,
beabflchtigen auch f1e wohl den Sinn des Bewohners anmuthig zu täufchen.
Die landfchaftlichen Gegenflände wiegen auch in diefer Gruppe noch vor. In ihr
finden flch befondcrs jene nSeeftädte im Freien vom reizendften Ausfehen und
mit fehr geringen Koftenu deren Plinius als einer Erfindung des Römers Ludius
gedenkt; in ihr ferner jagdfcenen und einfame Felfengegenden mit wilden
Thieren, aber auch mythologifche Darftellungen mit landfchaftlich geräumigem
Hintergrunde, wie Polyphem und Galateia in der fog. casa della caccia antica,
Diana und Aktaion in der fog. casa di Sallustio und der verwundete Adonis
in dem nach ihm benannten Haufe. Als eine dritte Gruppe mögen die Niaga-
Gemälde gelten, welche, wie Helbig ausgeführt hat, den Eindruck in die Wände flalilff
eingelaffener Tafelgemälde machen. Sie fmd von mäfsiger Gröfse und, deutlich
umrahmt, in der Regel in die Mitte der einzelnen farbigen Hauptwandfelder ge-
fetzt. Ihrem Urfprung nach haben {ie in der That für nachgeahmte Tafelgemälde
zu gelten. Früher hatte man die berühmten Tafeln der grofsen Meifter wirk-
lich in die Wände eingelaffen. In Pompeji haben fich fogar Spuren davon
gefunden, dafs felbft jene auf Stuccogrund gemalten tafelförmigen Bilder in
einzelnen Fallen aus der NVand herausgefchnitten und in eine andere Wand
wiedereingelaffen wurden. In der Regel aber begnügte {ich die Zeit, in wel-
cher der gleichmäfsigc decorativ-malerifche Schmuck der Raume Mode war,
damit, derartige Bilder an den Stellen, wo man vielleicht gute wirkliche Tafel-
gemälde hätte einlaffen können, nachzumalen. In Wirklichkeit find es auch
den Gegenfländen nach hauptfachlich flüchtige und oft beliebig veränderte
Copien irgendwo vorhandener bekannter Tafelbilder, welche auf diefe Weife
eingefügt find. Sie hauptfächlich enthalten daher jene zahlreichen mytho-
logifchen Figurenbilder, die der campanifchen Wandmalerei ihr Hauptintereffe
verleihen. Die Gemälde einer vierten Gruppe erheben einen weit geringeren Urlltällgtxi-
Anfpruch auf felbftändige Bedeutung. Sie geben fich felbft nur als zugehörige, Bildchen.
untrennbare Beflandtheile der Decoration; fie gehören ganz direct zu jenem
lögeren gemalten Architekturgerüfte, dem fle zwar ebenfalls als Täfelchen
Cingefügt erfcheinen, ohne es jedoch zu einer anderen, als lediglich ornamen-
talcn Wirkung zu bringen. Bald erfcheinen fie wie ausgefpannt zwifchen hohen
fchlanken Scheinfäulen, bald Wie vorgefetzt vor die Sockelbaluftraden, bald wie
äufgefetzt auf die Simfe oder wie angehängt unter die Giebelchen der gemalfßn
Architektur. Die Gegenftände, welche fie darfiellen, machen als folchekaum An-
{Pruch zu wirken. Es find kleine Veduten, Naturbildchen, Stillleben u. f- W.
Aber auch die gar nicht feltenen, wirklichen gröfseren Friefe, die mit Vorliebe
carikirte Darflellungen ägyptifchen Lebens bringen, find diefer Claffe zuzu-