Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

122 
Buch. 
Zweites 
Zweiter 
Abfchnitt. 
dann in einer Umgeitaltung folcher candelaberartiger Scheinftützen in ein 
leichtes phantaftifches, wie durch moderne Eifenconftruction gewonnenes 
Architekturgerüft, immer noch bei Aufrechterhaltung freier Hauptwandfelder, 
äufsern und endlich in eine Ueberwucherung der ganzen Wand mit willkür- 
lichen architektonifchen Gebilden diefer unmöglichen Art auslaufen. Doch 
fcheint es gewagt, in allen diefen Wandlungen eine regelmäßige chrono- 
logifche Entwicklung nachweifen zu wollen. Weitaus die meiften der uns 
wegen ihrer Verbindung mit wirklichen figürlichen oder landfehaftlichen 
Bildern näher angehenden Decorationen bewahren jedenfalls die ftructive 
Haupteintheilung der ganzen Wand, welche fich in horizontaler Richtung durch 
den meift dunklen Sockel, die lebhaft farbigen mittleren Hauptflachen und 
den helleren, oft weifsen, oberen Fries, in verticaler Richtung aber durch jene 
die alten Pilafter erfetzenden phantaftifeh bemalten Streifen gliedert, welche 
befonders das mittlere Hauptftück in verfchiedene mehr hohe als breite Wand- 
felder eintheilt. Die vorherrfchenden Hauptfarben diefer Felder find roth, gelb, 
fchwarz und weifs, feltener blau und grün. Manche Häufer begnügen {ich 
mit einer folchen bunten Feldereintheilung, wobei dann doch ornamentale 
Ränder und kleine iigürliche oder pflanzliche Mittelverzierungen nicht zu 
fehlen pflegen. Am. wichtigflen und eigenartigften aber find jene Architektur- 
malereien mit ihren dünnen, langen Säulenftangen, ihren Gefimfen, welche 
nichts tragen zu können fcheinen und ihren gefchweiften Zierrathen ftatt der 
Giebel, jene perfpectivifchen Gerüfle ohne Anfang und Ende, welche doch 
mehr als ein grofses ornamentales Netz, denn als wirkliche architektonifche 
Gliederung, die ganzen Wände bis auf die bald kleiner zufammengedrängten, 
bald gröfser bleibenden Hauptfelder umfpannen. Die ganze Decorationsweife 
verhielt {ich zu derjenigen, welche Vitruv als der guten alten Zeit angehörig 
bezeichnet, ähnlich etwa, wie das Rococo zur guten Hochrenaiffance, und ohne 
den Tadel des römifchen Baumeifters ganz ungerechtfertigt zu finden, werden 
wir von der reichen, nie fchablonenhaften Phantafie, von der blendenden 
Farbenbracht, von der unverwüftlichen Anmuth, die fich in diefen Malereien 
ausfpricht, doch lebhaft angezogen werden. 
Eigcnuichc Die eigentlichen Gemälde, die uns hier hauptfächlich zu befchäftigen 
Gcmäld" haben, treten nun in die verfchiedenartigfle Beziehung zu diefer- Gefammt- 
decoration, deren kleinere oder gröfsere Beflandtheile fie find, und zunaclift 
nach der Verfchiedenheit diefer Zugehörigkeit laffen fie fich in verfchiedene 
Gruppen eintheilen 1).  
Äxilgriliärle]; Als erfte Gruppe mögen diejenigen Daritelluiigen genannt fein, welche 
'Wandgemälde im eigentlichften Sinne des Wortes zu nennen lind, weil fie die 
xggliliät; ganzen Wände oder doch eine ganze Wand eines beftimmten Raumes be- 
'decken und daher manchmal jene ganze conftructive Wandeintheilung ver- 
drängen. Nur landfchaftliche Gegenftände find auf diefe Weife dargeftellt, 
insbefondere grofse Parklandfchaften, wie wir iie in der Villa ad Gallinas ge- 
funden haben, wie fie aber auch in verfchiedenen Räumen pompejanifcher 
Häufer keine Seltenheit lind. Einen charakteriftifeheri Schmuck bilden iie 
I) Die Grundlage einer 
1870, S. 202-216. 
folchen 
hat abermals 
Gruppirulmg 
Haag 
gefclmlTen, 
Rhein. 
Muf,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.