Die erhaltenen WVerke der griechifch-rönmifchen Malerei.
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pfeiler nachweifen läfst, das Mittelbild der Reihe gewefen fein mufs, endlich
das mächtige Felfenthor am Meeresiirande, welches fich als Eingang 111 die
Unterwelt daritellt und mit malerifcher Wirkung einen breiten Lichtftreifen in
das dunkle, dichtbevölkerte Schattenreich hineinfallen läfst, gewähren abge-
rundete landfchaftliche Gemälde, wie man iie vor ihrer Entdeckung dem ganzen
Alterthume nicht zugetraut haben würde. Vitruv rechnet Odyffeelandfchaften
diefer Art zu den Gemälden, mit welchen man in der guten alten Zeit, ehe
das Verderben der verfchnörkelten Grottesken eingeriffen, die Gange bemalt.
Der Erfindung nach dürfen wir diefe Gemälde daher wohl in die hellenifiifche
Zeit fetzen. Ausgeführt find fie aber, wie man auch aus dem lVlauerwerk,
das fie fchmückten, nachgewiefen hat, in der letzten Zeit der Republik oder
in der erfien Kaiferzeit. Iil die Auffaffung der Natur hier auch eine durchweg
decorative, wie auch die Farben, welche in conventionellen grofsen Partien
fogar die Luftperfpective deutlich wiedergeben, mehr willkürlich, zur Erreichung
der gewünfchten Gefammtftimmung, als im Einzelnen naturalifiifch correct
gewählt erfcheinen, fo ift fie doch eine grofsartige und anfchauliche, keineswegs
poelielofe. Jedenfalls ftehen diefc Gemälde einzig unter allen erhaltenen Werken
des Alterthums da.
Fragmente römifcher Wandmalereien befinden {ich auch zerftreut in ver-
fchiedenen Sammlungen; fo z. B. die fchönen, mit griechifchen Infchriften
verfehenen Gefialten eines Grabes der Campagna, von denen E. de Chanot
kürzlich Aphrodite und Myrtilos in der Gazette archeologique (1875, pl. 5
u. 6) publicirt hat. Die Louvre-Sammlung enthält Mehreres der Art.
Aufser diefen, in Sammlungen verbrachten Gemälden find in und um Rom
aber auch eine Reihe von Gemälden an ihren urfprünglichen Fundorten und 133135331?"
eigenen Wänden erhalten.
In der Umgebung Roms haben zunächft einige Gräber ihren malerifchen arfbfäläß;
Schmuck bewahrt. Das fog. vzweitea Grab der Via Latina 1) enthält in feiner
erilen Kammer die Keile einer grofsen Berglandfchaft mit wilden Thieren, in
feiner Hauptkammcr eine prächtige aus Stuccoplaftik und Malerei zufammen-
gefetzte Deckendecoration, in welcher acht anmuthige kleine Landfchaftsbild-
chen durch ihre eigenthümliche perfpectivifche Anordnung befonderes In-
tereffe erregen. Man fchreibt diefses Grab der Zeit der Antonine zu.
Späteren Datums noch müffen die 1838 entdeckten kleinen Gemälde VillnPamllli.
fein, welche in Pcreifenartiger Anordnung das Columbarium der Villa Pamtili
fChmücken. Alle möglichen mythologifchen, auf den Cultus bezüglichen, genre-
haften und landfchaftlichen Scenen find hier auf weifsen Grund als flüchtige
Skizzen hingeworfen, ein Beweis der Leichtigkeit und Sicherheit, mit welcher
auch untergeordnete Handwerker der Spätzeit, überlieferten Traditionen folgend,
den Pinfel zu führen verilanden2).
Von den antiken Villen in der Umgebung Roms zeichnet fich ein Saal vmq m1
der fog. Villa ad Gallinas der Livia, die im Jahre 1863 ausgegraben wurde, Gnn""'s'
I) Ilauptpublication in den M011. dell" Inft. VI. tav. 49-53 durch Eug. Peterfezz.
2) Diejenigen diefer Gemälde, von denen llCll Ruspfs Copien im Antiquarium zu München be-
finde", hat Yalm in den Abhdlgn. der k. bayr. Akad. d. WiHenfchaften, Cl. I, Bd. VIII, 1858
229 ff. veröffentlicht. Ueber die landfchaftlich intereffanlen Gemälde aus einem Grabe der Vignn.
5715551 welche von Secchi 1843 veröffentlicht worden, vgl. [Vnerzzzalzllz "Lnndfchaftu, S. 333 ff,
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