Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

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Zweites Buch. 
Zweiter Abfchnitt. 
des Bettes. Er foll wohl an der Schwelle des Brautgemaches fitzen. Im 
Hintergemache, links vom Befchauer, bereiten Frauen ein Bad. lm Vor- 
gemache, rechts vom Befchauer, celebriren drei Frauen ein Opfer mit 
Gefang und Leierfpiel. Diefem 1606 beim Bogen des Gallienus aufge- 
fundenen und nach feinem erften Befitzer, dem Cardinal Aldobrandini, be- 
nannten Gemälde mag ein befferes Vorbild zu Grunde liegen. Unfer 
Exemplar felbft iPc in der Compofition zwar nicht malerifch, aber gefchmack- 
voll. Es zeigt auch viele {chöne Einzelmotive, eine milde, harmonifche 
Färbung und i{t von jenem Hauche ernfter, {liller Anmuth umweht, den man 
nur in der Antike findet. Aber die malerifche Technik ift unbedeutend; über 
die handwerksmäfsig decorative Flüchtigkeit faft aller, von Stubenmalern her- 
gePrellten, erhaltenen ähnlichen Werke erhebt es {ich keineswegs.  Die inte- 
reffanteflen Bilder der vaticanifchen Bibliothek find ohne Zweifel die berühmten 
Ofayrxfgie- grofsen Odyffeelandfchaften, welche in den Jahren 1848-4850 auf dem esqui- 
fchafwn. linifchen Hügel zu Rom ausgegraben wurden 1). Es find fechs vollftändig er- 
haltene und ein halbirtes Gemälde, zu denen noch ein leider faft ganz zerPtörtes 
hinzukommt. Ein hohes Intereffe gewähren diefe Bilder zunächft von Seiten 
ihres figürlichen Theiles als faft genau an den Text {ich anfchliefsende IlluPtra- 
tionen zur Odyffee; und zwar {teilen die erften drei Bilder, wie die an fie {ich 
anfchliefsende Hälfte des vierten, das Laiftrygonerl-Abenteuer dar. Von der 
Mitte des vierten bis wahrfcheinlich zum Ende des zerflörten fechften reicht 
das Kirke-Abenteuer, und hieran fchliefst fich auf dem fiebenten und dem nur 
zur Hälfte erhaltenen achten Gemälde eine Darftellung der Nekyia, des Be- 
fuches des Odyffeus in der Unterwelt, an. (Fig. 29.) Die ganze Reihe der er- 
haltenen Bilder illuftrirt daher einen zufammenhängenden Theil des alten Epos, 
nämlich von Gefang X, v. 80 bis Gefang XI, v. 600. Die einzelnen Geftalten 
flnd zum Ueberflufs meiPt durch griechifche lnfchriften beglaubigt. Ein ferneres 
hohes Intereffe gewähren diefe Gemälde als decorative Einheit betrachtet. 
Sie {ind nur ein Stück eines verlorenen Ganzen, welches an dem unteren Theil 
der Wände eines gröfseren Raumes entlang lief, einer Art Fries, der freilich 
durch gemalte hochrothe Pilafter in einzelne Gemälde abgetheilt wurde. Doch 
fallen deren landfchaftlich rnalerifche Einheiten nicht mit den Pilafierumrah- 
mungen zufammen. Vielmehr {ind deutliche Uebergänge in den Linien fowohl, 
wie in den Farben, von Bilde zu Bilde bemerkbar, fodafs wir ohne die Trennung 
durch jene gemalten Pfeiler 'in unmerklichen Uebergängen von einer Scenc 
zur anderen geleitet würden. Die Farben, die in den einzelnen Gemälden 
vorherrfchen, {ind gelb-braun und grün-blau. Die blendend hochrothen Pilafter, 
welche {ie trennen und das Ganze zu decorativer Einheit zufammenfaffen, heben 
{ich mit der prächtigften Wirkung von jenen Farben ab. Das bedeutendPte 
Intereffe flöfsen uns diefe Gemälde aber in ihrerEigenfchaft als grofse Land- 
fchaften ein. Das von den vorfpringenden gelben Felfen begrenzte Laiftry- 
gonenland, die weite blaue Meeresbucht, von deren Felfenhöhen herab die {tein- 
fchleudernden Riefen die Schiffe der Griechen zerfchmettern, der Palafthof der 
Kirke, der, wie {ich aus der perfpectivifchen Behandlung jener Trennungs- 
I) K. Woernzann: 
productionen und Text. 
Die antiken Orlysseelandfchaffen. 
München 
1876. 
Chronnoli 
ngraphifche
	        
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