der griechifch-römifchen Malerei.
Werke
Die erhaltenen
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architektonifchen Gliederungen in Verbindung gefetzt, fpäter, aber immer
noch in der guten alten Zeit, habe man Gebäude, Säulen und Giebel nach-
gebildet, dabei offene Räume mit Bühnenhintergründen, Gänge mit Land-
fchaften, andere Orte mit mythologifchen Gemälden gefchmückt, kurz man
habe Dinge an die Wände gemalt, welche als getreue Nachbildungen der
Wirklichkeit erfchienen. uAbefn, fährt Vitruv fort, awas die Alten aus dem
Kreife der wirklichen Dinge {ich zum Vorwurf nahmen, wird von der gegen-
wärtigen verderbten Mode verfchmäht. Denn auf den Wänden werden vielmehr
abenteuerliche Mifsgefialten, als wirkliche Nachbildungen von beilimmten
Dingen gemalt, an die Stelle der Säulen z. B. werden Rohrftengel, an die
Stelle der Giebel gefiriemte und gefchweifte Zierrathen mit kraufen Blättern
und fpiralförmig verfchlungenen Ranken gefetzt; Candelaber ftützen die Tem-
pelchen; über den Giebeln fproffen aus dort wurzelnden Gewächfen mehrere
zarte Stiele mit geringelten Ranken, auf welchen in finnlofer lIVeife Figuren
fitzen; ja fogar aus den Blumemwelche die Stengel treiben, kommen Halbfiguren,
bald mit menfchlichen, bald mit Thier-Köpfen zum Vorfcheinen 1).
Diefen von Vitruv gefchilderten Entwicklungsgang der Wanddecorationen
des helleniftifch-römifchen Alterthumes können wir fowohl an den erhaltenen
campanifchen, als an den römifchen Malereien noch heute verfolgen. Die mei-
Pcen Wanddecorationen. von Herculaneum und Pompeji zeigen, ihrer Entftehungs-
zeit entfprechend, den jüngeren, von Vitruvius fo bitter angefeindeten Stil. Da-
neben finden wir aber gerade dort einzelne erhaltene Beifpiele der älteren, ja
fogar Analogien zu der älteften von Vitruv gefchilderten Art. In Rom dagegen
können wir eine mittlere Phafe der Entwicklung, nämlich den Uebergang von
der älteren, folideren architektonifchen Wandgliederung zu den moderneren
Phantailereien in befonders klarer Weife an charakteriftifchen Beifpielen ver-
folgen. Die jüngere, grotteske Decorationsweife zeigten z. B. die Wände der
Trümmer von Nero's goldenem Haufe unter den Titusthermen. Raffael und
Giovanni da Udine fahen und zeichneten diefe, eben nach den unterirdifchen
ßGrottenw, in denen fie zum Vorfchein kamen, uGfotteskenn genannten Male-
reien und verpflanzten {ie in die Loggien des vaticanifchen Palaftes. Den
ftrengeren älteren Stil, der die gemalte architektonifche Gliederung noch aus
Pilaftern und Säulen, die wirklich tragen und ftützen können, beitehen läfst,
zeigen z. B. die Trennungspfeiler der 1848-1850 auf dem esquilinifchen Hügel
zu Rom ausgegrabenen Odyffeelandfchaften, die fchon ihrem Inhalte nach der
älteren, zuerft von Vitruv genannten Claffe angehören. Die Wanddecorationen
des I-Iaufes der Livia dagegen, welches 1869 auf dem Palatin aufgedeckt wurde,
gehören einem Uebergangsfiil von der natürlicheren zu der phantaftifcheren
Malweife an. Strenger architektonifch aber wirken wiederum die gemalten
Pilailer einer neuerdings "auf dem Quirinal aufgedeckten Wanddecoration2).
Eigentliche Gemälde nehmen nur in feltenen Fällen die ganzen Wände 35233551"
ein; in der Regel bilden fie Beftandtheile der gedachten architektonifch geglie-ißljjfljgfflfj"
derten Decoration; in der ganz leichten Gattung pflegen diewirklichen Gemälde
wie umrahmte Bildchen eingefetzt zu fein. Ihre künfilerifche Würdigung können
di 'R0l113;
I) Ueberfetzung von E Reben Stuttgart 1865.
2) Bulletino della "Commissioxle archeologica communale
187 7, tav.
III.