Werke der griechifch-römifchen Malerei.
Die erhaltenen
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fiehende grofse Grab, welches 1857 von Frangois aufgedeckt wurde 1). In pmngois.
verfchiedenen Kammern fehen wir hier verfchiedene Scenen der griechifchen Gmb"
Mythologie dargeftellt: den Raub der Kaffandra, Polyneikes und Eteokles,
Neftor und Phoinix. Am bedeutendPren aber find die Gemälde des viereckigen
Schlufsraumes. Hier fehen wir auf der einen Seite ein etruskifches Menfchen-
opfer dargeftellt, wie fie {ich in Etrurien lange bei Leichenfeierlichkeiten er-
halten haben: einheimifche, meift bärtige, nackte und halbnackte Männer mit
individuellen, zum Theil häfslichen Gefichtszügen durchbohren mit Schwertern
ihre Opfer, die {ich angiivoll flehend iträuben. An der anderen Seite lind,
gewiffermafsen vorbildlich und wie zur Entfchuldigung, die Menfchenopfer
dargeftellt, welche Achilleus vor Troja den Manen feines Freundes Patroklos
dargebracht. Charon, nach etruskifcher Vorftellung mit dem Hammer be-
waffnet, fteht bereit, fein Opfer in Empfang zu nehmen. Die Gefichtsformen
in diefer grofsen Gruppe find claffifcher, als die der Etrusker an der anderen
Seite. Aber Agamemnon, Achilleus u. f. W. find auch hier mit etruskifchen In-
fchriften bezeichnet. (Fig. 27.) Von allen aus dem Alterthume erhaltenen Werken
erinnert uns keins fo fehr, wie diefe, an die realiflzifche neuere Kunft. Man
könnte z. B. glauben, ein Werk der Richtung des Andrea del Castagno vor
{ich zu fehen. Der Realismus des verfchiedenen Gefichtsausdrucks, des herab-
tropfenden Blutes, der peinlichen Bewegungsmotive ift ein faft erfchreckender.
Bei alledem aber ift die Grundlage griechifcher Formengebung hier nicht zu
verkennen, und fo kommt es, dafs diefe Bilder uns fafl mit Grauen erfüllen,
aber doch mächtig zu feffeln wiffen.
Bei Corneto iit das intereffantefte Grab aus der Zeit der völlig freien Ent-
wicklung erft im Jahre 1868 ausgegraben. Es ift die fog. tomba dell' Orco 2), Toränriodelr
welche aus drei Kammern befteht, die alle drei von verfchiedenen Künftlern zu Corneto.
ausgeführt fein müffen. Die erfte Kammer zeigt an der einen Seite eine der
gewöhnlichen Bankettfcenen, an der anderen Seite Vorbereitungen zum Todten-
opfer und dabei den etruskifchen Unterweltsdämon Charon mit Hammer und
Flügeln. Von grünlicher Farbe fteht er da. Seine Nafe iPr lang und fpitz. Die
Zähne fletfcht er grinfend. Auffallend ift der dunkelblaue Rand, der die hellen
Geftalten der Bankettfcene umzieht, theils wohl um fle von dem weifsen Grund
beffer abzuheben, theils um die Nebel des Schattenreiches anzudeuten. Obwohl
diefe Kammer die ältefle zu fein fcheint, gehören doch auch ihre Gemälde
bereits der freien Entwicklung an. Die Verkürzungcn der Körper wie der
Gefichter flnd gefchickt gehandhabt. Die Pinfelführung ifl fchon breit und
malerifch; nur fehlt noch die eigentliche vollendete Licht- und Schatten-
modellirung, wenngleich die Lichtftellen weifs gelaffen fmd. In der zweiten
Kammer finden wir die bedeutendflen Gegenftände. Die ganze Unterwelt ift
dargeftellt. An der Nordwand präfidiren Pluton und Perfephone. Aufserdem
und an diefen und den anderen Wänden alle jene Dämonen und Helden dar-
geftellt, welche nach den altbekannten griechifchen Unterweltsmythen das
Reich des Hades bevölkerten. Die Darftellungsweife ift wenigftens bei den
Hauptgeftalten die der vollftändig emancipirten, des Helldunkels mächtigen
L
Mon. dell'
Mon. del1'
Inß.
Inß.
1859-
x870-
V01. VI.
V01. IX.
31 u, 32.
I4 no 2 u.