Zweites Buch.
Zweiter
Abfchnitt.
flgäpipüägyiil; jetzt im Nationalmufeum zu Neapel aufbewahrt wird: Es bedeckte den ganzen
Aleäafgder- Fufsboden einer Halle der gefchmackvollen Wohnung, und {tellt eine lebhaft
rchiächi, bewegte Schlachtfcene dar; es ift ein grofses Hiftorienbild im eigentlichen
Sinne des Wortes (Fig. 24).1)
Nachdem verfchiedene irrige Anfichten über dieSchlacht, welche dargeitellt,
befeitigt worden, darf man es heute als {icher hinftellen, dafs die Schlacht bei
Iffos gemeint fei, in welcher Alexander der Grofse 333 v. Chr. den Perferkönig
Dareios gänzlich auf's Haupt fchlug 2). Dafs ein Treffen zwifchen Makedoniern
und Perfern dargefiellt fei, konnte von Anfang an kaum zweifelhaft fein. Dafs
aber gerade die Schlacht bei Iffos gemeint fein mufs, ergiebt {ich aus dem
Vergleich der hauptfächlich dargeftellten Scene mit der Befchreibung, die
Curtius Rufus von einem Vorfalle in diefer Schlacht giebt. Er erzählt,
dafs Dareios, nachdem mehrere feiner Feldherrn gefallen und fein Kriegswagen
bei der allgemeinen Flucht in Unordnung gerathen, den anftürmenden Make-
doniern inr die Hände gefallen fein würde, wenn er {ich nicht auf einem Pferde,
das man ihm dargeboten, gerettet hätte. Diefer Vorgang ifl dargeftellt. Von
links {türmen die Makedonier bereits heran, an ihrer Spitze König Alexander,
der, ohne zu beachten, dafs der Helm ihm vom Haupte gefallen, auf feurigem
Roffe heranfprengt. Auf der rechten, gröfseren Hälfte des Bildes ift die Ver-
wirrung und die Flucht der Perfer dargeftellt. Ziemlich in der Mitte {ehen
wir einen perfifchen Grofsen, vielleicht den Bruder des Dareios, zu Boden ge-
funken. Der König fleht auf feinem Wagen und wendet {ich trotz der Flucht
der Seinigen, den Verfolgern entgegen, zu dem gefallenen Freunde um, nach
dem er den Arm ausftreckt. Inzwifchen iit fein Wagen in Verwirrung gerathen,
aber ein anderer Getreuer ift von feinem Pferde gefprungen, das er feinem
Könige bereit hält. Diefes Pferd {teht vorn in der Mitte des Bildes, gerade
von hinten zu fehen. Dafs es eine befondere Bedeutung haben mufs, iIi klar.
Die Compofition ift in hohem Grade bewundernswerth. Die Maffen find vor-
trefflich gegen einander abgewogen, und das Getümmel ift deutlich und mit
geringen Mitteln veranfchaulicht. Der gefchilderte Vorfall gibt der Darftellung
zugleich einen räumlichen und geiftigen Mittelpunkt. Selten wohl ift ein fo
bewegter Augenblick höchfter- Spannung mit fo viel innerem Leben und
zugleich mit foviel Klarheit und Einfachheit ausgedrückt worden. Nicht min-
der fchön {ind die einzelnen Geftalten durchgeführt, wenngleich Einzelnes,
wie z. B. die Verkürzung des von hinten gefehenen Pferdes, nicht vollkommen
correct erfcheint. Der geiftige Ausdruck der Köpfe, befonders des tieffchmer-
lich bewegten und doch noch von mannlichem Feuer leuchtenden Dareios-
kopfes, iit von keinem andern Werke der alten Malerei, das auf uns gekommen,
erreicht.
Aus diefen Vorzügen erklärt fich die Begeiiterung, mit welcher die Ent-
deckung des Bildes von allen Seiten begrüfst wurde. Der alte Goethe nannte
es ein Wunder der KunPr, das uns zwinge, nach aufklärender Betrachtung und
Unterfuchung immer wieder zur einfachen, reinen Bewunderung zurückzukehren.
Es darf uns nur die gerechte Bewunderung des Werkes gegen einige offenbare
Ornamente etc.
ff.
Welrker: K1. Schriften III. S. 460-476. W Zrzlm: Die fchönften
93. z) Man vergleiche Y. Overöerk, Pompeji (2. AufI.) II, S. 225