Zweites Buch.
Zweiter
Abfchnitt.
auf Kreta entdeckter Spiegel dagegen zeigt einen geflügelten Genius von
Weniger rein griechifcher Haltung i) (Fig. 20).
Nachdem wir diefer, bis jetzt noch wenigen, aber, da {ie die Priorität
der Griechen auch in diefem Fache beweifen, im höchften Grade bedeutungs-
vollen griechifchen gravirten Metallarbeiten vorweg gedacht, haben wir es
' im Folgenden nur noch mit den in Italien gefundenen Werken diefer Art zu
thun, die {ich freilich an Frifche und Urfprünglichkeit des Stils mit jenen
griechifchen Arbeiten nicht meffen können, aber eben länger und beffer bekannt
und in viel gröfserer Anzahl aufgefunden find.
äißeßgifltigril: Betrachten wir zunächft die gravirten Metall-Giften, welche, da die meiftcn
von ihnen aus der Nähe von Praeneite, dem heutigen Paleilrina, ftammen,
auch wohl als praeneitinifche Ciften bezeichnet werden 2).
lhreTechnilfk Dafs die auf ihnen dargeftellten Scenen innerhalb der Umriffe urfprüng-
lich mit bunten Farben bekleidet gewefen, wie Semper (Styl II, S. 562) an-
nimmt, ift dem Augenfcheine und der Art, wie fie gefunden worden, gegenüber
wenig wahrfcheinlich. Denkbarer ift es, dafs die eingegrabenen Umrifslinien
niello-artig mit einer andersfarbigen Maffe ausgefüllt waren. Die Darftcl-
lungen wirken durchaus als Umrifszeichnungen, die inwendig mit der nothwen-
digen Linienführung und mit einiger weniger Schraffirung ausgeführt find.
In der Regel ift fowohl der Bauch" als auch der Deckel mit folchen Darflcl-
lungen gefchmückt. Sehr fchöne und ftilvolle ornamentale Ränder faffen oben
und unten das Gefäfs ein.
.Inhalt ihrer Der Inhalt der Darftellungen iPc, foweit er mythologifcher Natur iit, öfter
ileliiiiigbn. der griechifchen, feltener der einheimifch italifchen Sage entnommen; daneben
aber werden oft Scenen des Privatlebens, wie Jagden, {ich waffnende Jünglinge,
Vereinigungen von Jünglingen und Jungfrauen und dergleichen abgebildet.
Auch Kämpfe von Thieren gegen einander kommen vor.
1m Stil. Der Stil diefer Graffiti iPt im Allgemeinen der einheimifch italifche, lebhaft
von der griechifchen Kunit beeinflufst, doch in gewiffen Grenzen filelbfiändig.
Es fehlt ihm jener tiefgehende Refpect vor der Natur, der in Verbindung mit
einer ebenfo ernften Selbfizucht des Künitlergeilies der griechifchen Kunft und
felbft den Arbeiten der griechifchen Kunithandwerker ihren unvergleichlichen
Adel, ihre hohe fiiliftifche Vollendung verleiht. Nur einige wenige diefer
Werke zeigen eine folche Reinheit und Schönheit, dafs man nicht umhin
gekonnt hat, ihre Ausführung griechifchen Händen im Dienfte der italifchen
Fabrik zuzufchreiben.
1h, Alm Die ältefte präneflinifche Cille, zugleich die zuerPc (vor 1739) gefundene
und die fchönfte, ift die fog. FicoroniTche. Sie mag etwa dem Anfang des
dritten Jahrhunderts vor Chr. angehören, während kaum eine der anderen
jünger fein kann, als vom Ende desfelben Jahrhunderts. Sie gehören alfo alle
einer Zeit an, in welcher die zeichnenden KünPce bei den Griechen {ich bereits
zur gröfsten Freiheit entwickelt hatten, und durch alle angeborenen Schwächen
der Zeichnung auf den Bronze-Kaiten fchimmert der Einflufs diefes freien
griechifchen Stiles hindurch.
I) Gazette urchäologique 1876, p.
2) Die beße Ueberücht giebt K,
archeologico, Rom 1866, S. 150 ff.
10781 Zufammenßellung von A. Dumont.
Srhöne: uLe ciüe preneßinew in den Annali
Inßituto