Volltext: Einführung in die antike Kunst ([Textband])

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Kunst. 
Die griechische 
Tochter ist vermutlich die andere, jugendlichere Gestalt auf 
unserem Relief, die durch das Scepter als Göttin bezeichnet 
ist. Doch stehen die Namen nicht fest. Noch tinsicherer 
ist, wen die dritte Figur darstellt, und was die Göttinnen an 
ihr vornehmen. Es giebt eine Sage, dafs Demeter, als sie 
das Haus des Keleos von Eleusis, bei dem sie in ihrer Trauer 
eine Unterkunft gefunden hatte, wegen Verkennung ihrer wohl- 
meinenden Absichten verliefs, die Mysterien stiftete, und unter 
anderen auch des Keleos jugendlichen Sohn, Triptolemos, in 
die heiligen Bräuche ihres Dienstes einweihte. Diese Scene 
ist wahrscheinlich hier dargestellt. Demeter scheint, wie am 
Original sichtbare Bohrlöcher vermuten lassen, welche zur Be- 
festigung metallener Zierat dienten, dem Knaben einen (nicht 
mehr vorhandenen) Kranz aufzusetzen, wahrscheinlich von 
Myrte, welche ihr besonders heilig war und bei den Mysterien 
von den Eingeweihten in Kränzen auf dem Haupte getragen 
wurde. Was freilich Kora dem Triptolemos überreicht, läfst 
sich nicht entscheiden, nur dafs es etwas Kleines, vielleicht 
das Saatkorn ist, beweist die Zuspitzung der rechten Hand der 
Geberin wie auch die Haltung der Hand des Empfängers. 
Der Knabe steht in anmutigster Stellung da, zwar auf beiden 
vollen Sohlen, aber so, dafs wir sehen, die Last des Körpers 
ist vom linkenBein getragen; das rechte ist leicht vorgestreckt. 
Er hat, wie das bei jungen Leuten üblich war, als Gewand 
nur den Mantel, aber so, dafs die schönen Körperformen nicht 
verdeckt werden. Kora ist mit dem Chiton bekleidet, der am 
rechten Beine, das den Körper trägt, zwar in parallelen, aber 
nicht mehr ängstlich gleichmäfsigen Falten ziemlich senkrecht 
herabfällt, während er sich dem vorgestreckten linken Beine 
anschmiegt. Uber dem Chiton trägt sie noch einen kleinen 
Mantel, der durch seine runden Falten einen schönen Gegen- 
satz bildet zu der im wesentlichen senkrechten Richtung des 
Chiton. Reicher ist die Gewandung der ebenfalls aufs rechte 
Bein sich stützenden Mutter. Sie hat einen Chiton mit 
Armeln, der in freibehandelten senkrechten Falten die Füfse 
umspielt, nach oben hin aber von dem höchst anmutigen 
Faltenwurf des um den Leib geschlungenen und über die 
Schulter geschlagenen Mantels teilweise verdeckt ist. Die 
Fufsbekleidung besteht bei allen drei Gestalten aus Sohlen, 
die mit Riemenwerk am Fufse befestigt sind; es ist dies die 
einfachste Form der Sandalen. Über die ganzen Gestalten, 
besonders aber über die Gesichter, ist ein der weihevollen 
Handlung entsprechender Ernst ausgegossen, der den Beschauer 
zur Andacht stimmt; es liegt daher die Vermutung nahe, dafs 
das Werk dem Kultus gedient habe.
	        
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