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Die
Orients.
Kunst des
mit Rosetten verzierten Streifen umgeben ist, der hinten in
zwei regelmäfsigen Zipfeln nach der Schulter herabfällt; es
scheint dies der eigentümliche Kopfschmuck der Cyprier
gewesen zu sein.
Gebricht es so auch den cyprischen Künstlern an schöpfe-
rischem Geist, so wufsten sie doch dem durch den Einf-lufs
des Auslandes entstandenen Mischstil einen gewissen Cha-
rakter zu geben, der es ermöglicht, ihre Werke von andern
gleichzeitigen mit einiger Sicherheit zu unterscheiden. Zu-
weilen sind die Figuren selbst fast rein griechisch; dann be-
zeugt doch irgend eine Aufserlichkeit den andern Ursprung.
Dies ist recht ersichtlich bei dem Sarkophag von
Amathus, Taf. 5, Fig. 12. Sarkophage scheinen bei den
Cypriern die einzigen Kunstwerke gewesen zu sein, welche mit
Reliefs geschmückt wurden. Auffällig ist bei dem unsern
noch, dafs er in Marmorstein gearbeitet ist, der in Cypern
nicht gebrochen wird. Aber dafs etwas Nichtgriechisches vor-
liegt, zeigen schon rechts und links die breiten Randstreifen
mit einer Verzierung assyrischen Ursprunges. Oben legt sich
ein Gesims darüber von einer Breite, die bei diesen Gröfsen-
Verhältnissen wider den griechischen Geschmack verstöfst.
Es besteht aus einem sogenannten Eierstabe und einer Perlen-
schnur, die beide der griechischen Kunst eigentümlich sind,
einer Kante von Lotosblüten und -Knospen, die ursprünglich
am Nil heimisch ist, aber auch von den Griechen verwendet
wurde; aus Ägypten stammt der mächtige verzierte Wulst,
welcher das Gesims abschliefst. Unten zieht sich am Sar-
kophag ein mächtiger Eierstab hin. Innerhalb einer solchen
überreichen Umrahmung ist auf beiden Langseiten ein Zug
zu Wagen und zu Fufs abgebildet, während die Schmalseiten
Götterdarstellungen tragen. Die letzteren sind gänzlich un-
griechisch im Gegensatz zu jenem Zuge, der in fast griechi-
scher Art die letzte Reise eines jeden Menschen, die zur
Unterwelt, darstellt. Hier ist Lebendigkeit in der Haltung
und Mannigfaltigkeit und Anmut in der Form. Im ersten
Wagen blicken beide Fahrende nach vorn, im zweiten wendet
sich der eine in natürlicher Weise halb nach hinten. Gleiche
Geschicklichkeit offenbart sich in der Behandlung der Ge-
wänder an den Fufsgängern. Auf der ganzen Bildiiäche er-
innert fast__ nur der Federfächer, mit dem die Pferde geziert
Sind, an Agypten oder Assyrien.
Auf dem Gebiete der Kleinkünste zeigt sich Phöni-
kien, so grofs und vielseitig auch seine Industrie war, durch-
aus nicht erfinderisch. Verglichen mit den prächtigen
Gefäfsen der Griechen, wie wir sie später bringen werden,