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Die Kunst des Orients.
in der Form wie im Inhalte: alles gilt der Verherrlichung des
Königs. Aber es scheinen nur ernste, würdevolle Scenen ge-
bildet worden zu sein, von der frischen Natürlichkeit und
lebensvollen Beweglichkeit der assyrischen Bildnerei findet
sich keine Spur; dagegen ist die Formgebung teilweise voll-
endeter.
KAPITEL.
VIERTES
Die
phönikische
Kunst.
Weit älter wiederum sind die Spuren einer höheren Ge-
sittung in den Wohnsitzen der Phöniker, doch läfst sich nicht
erkennen, bis zu welcher Zeit die Anfänge dieser Entwicke-
lung hinaufreichen. jedenfalls beweisen ägyptische Denkmäler,
dafs sich Syrien schon um 1500 v. Chr. auf einer hohen Stufe
der Gesittung befandQ). Aber die Bedeutung der Phöniker
beruht fast ausschliefslich auf ihrem weitverbreiteten Handel
und ihrer regsamen Industrie, während selbstschöpferischer
Geist auf dem Gebiete der Kunst nirgends bemerkbar ist, Ja,
man verstand nicht einmal die verschiedenen, teils von Agyp-
ten, teils von Babylonien herströmenden Kulturelemente eini-
germafsen zu etwas Einheitlichem zu verbinden, sondern be-
gnügte sich im wesentlichen, sie einfach nebeneinander zu
stellen.
Von Tempeln sind äufserst spärliche Reste aus älterer
Zeit erhalten, da man solche ursprünglich gar nicht baute,
sondern die Gottheit auf heiligen Bergeshöhen verehrtew).
Die Anregung Häuser für die Götter zu erbauen, kam von
Agypten. Der Tempel von Amrith (Taf. 5, Fig. 5, 6 u. 7),
der einzige semitische Tempel in Syrien, von dem es noch
ansehnliche Reste giebt, läfst den ägyptischen Einliufs erkennen.
Auf einer Berghöhe ist in den lebendigen Felsen ein Hof
eingeschnitten von 48 x 55 m. In der Mitte hatte man einen
viereckigen Steinblock stehen lassen von 3 m Höhe bei einer
Stärke von 5,5 m im Geviert, der als Basis für einen kleinen
Tempel diente. Es lagern auf ihm vier grofse Steine, deren
oberster das Dach bildet, während die drei andern so ausgear-
beitet sind, dafs das Ganze wie eine kleine, nach drei Seiten
geschlossene, nach vorn geöffnete Tempelcella erscheint (Taf. 5,
Fig. 5). Die Abbildung des Durchschnittes (Taf. 5, Fig. 6)
zeigt durch den Ansatz an dem obern Stein, links von der
Mitte, dafs von diesem kleinen Raum wahrscheinlich noch
eine Vorhalle abgeschieden war, die anscheinend durch einen