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Die Kunst des Orients.
die Tiara mit etwas eingedrückter Spitze; ihren untern Rand
umschliefst ein vorn hoher goldener Reif, von dem zwei Band-
schleifen über den Nacken herabfallen. An den Ohren trägt
er Gehänge, an den Armen Armspangen, als Waffe ein Schwert
und zwei Dolche. Bart und Haar zeigen die sorgfältigste
Pflege, die ganze Erscheinung hat etwas Würdiges. Ahnlich
ist die Erscheinung des königlichen Dieners, nur dafs ihm der
Bart, der Mantel und die Tiara fehlen.
Auch die assyrische Kunst erfährt im Laufe der jahr-
hunderte gewisse Änderungen, auf die wir uns aber nicht
einlassen. Dafs sie gering sind, beweist das Relief Taf. 5,
Fig. 2, aus der Zeit König Sargons (um 720). Es ist ein
hoher Beamter und ein Eunuch, welche vor dem König stehen
in der oben besprochenen Haltung der Unterwürßgkeit. Ein
Fortschritt im Geschmack zeigt sich, sofern die das Bild stö-
renden Inschriften weggefallen sind; dagegen macht das ältere
Bild den Eindruck gröfserer Sorgfalt in der Arbeit.
Häufiger aber als in solcher Umgebung sehen wir den
König im Krieg und auf der Jagd. S0 zeigt Taf. 4, Fig. 8
wie der König zu Wagen die fliehenden Feinde verfolgt.
Das Bild erinnert einigermafsen an Taf. 3, Fig. 1. Bogen-
tasche und Köcher schmücken kreuzweise gelegt den zweiräd-
rigen, von drei Pferden gezogenen Wagen, von dessen Rande
nach der Deichsel eine farbige Decke gespannt ist. Der König
ist eben bereit den Pfeil abzudrücken; ihm zur Linken ist ein
Wagenlenker, und hinter ihm befindet sich eine dritte Person,
der Schildknappe, welcher den im Durchschnitt sichtbaren
Schild vorhält. Oberhalb der Pferde schwebt innerhalb eines
geflügelten Rades, das an die ägyptische Sonnenscheibe er-
innert, als des Königs Schutzgeist der oberste aller Götter,
der Stadt- und Kriegsgott Assur, ebenfalls schiefsend darge-
stellt. Die geschlagenen Feinde haben schwere Verluste ge-
habt. Abseits liegt ein Toter, dem ein Geier die Augen aus-
hackt, unter den Pferden ist ein schwer Verwundeter: aber
trotzdem weichen die Feinde nur langsam zurück, indem Sie
sich dabei noch zur Wehre setzen.
Das andere Bild veranschaulicht eine Belagerung (Taf. 4,
Fig. 9). Rechts erblicken wir eine Festung mit geschlossenem
Thor. Zahlreiche Türme erheben sich auf der Mauer, welche
teilweise noch eifrig von Bogenschützen verteidigt wird. Aber
auch die Feinde haben Türme errichtet und sie auf Rädern
herangeschoben. Aus dem untern Teile derselben schlägt eine
Art Widder gegen die Mauer, während oben Bogenschützen die
Schaar der Verteidiger lichten. Der Angriff ist nicht vergeblich.