denheit. Der EinHufs dieser Gebundenheit, welcher den
Künstler hinderte, die Gebilde seiner Phantasie nach freiem
Ermessen auszugestalten, war so grofs, dafs wir bei diefem
Überblicke über die verschiedenen Gebiete der Kunst, auf
denen die Ägypter thätig waren, darauf verzichten durften,
verschiedene Entwickelungsstufen zu unterscheiden. Ist es auch
selbstverständlich, dafs während einer Reihe von drei Jahrtau-
senden gewisse Umgestaltungen wie im Leben so in der Kunst-
übung eintreten, so waren sie doch bei diesem Volke, nachdem es
eine gewisse Höhe der Gesittung erreicht hatte, geringer als
bei den meisten andern, so dafs vielen Beobachtern, nament-
lich wenn sie die Vorstufen der ägyptischen Kunst unberück-
sichtigt liefsen, förmlich ein ewiger Stillstand vorzuliegen schien.
Dies zähe Festhalten an dem Errungenen war die Polge davon,
dafs Agypten wie fast kein Land sich von dem Emflufs seiner
Nachbarn freigehalten hat.
In Ägypten selbst wirkte natürlich zunäChSt bestimmend
auf die Kunst die ganze Natur des Landes, wenn SICh das
freilich auch nicht bis ins Einzelne nachweisen läfst. Das so
segensreiche, jährlich wiederkehrende Ereignis der Nilüber-
schwemmung war doch auch mit Gefahr verbünden- Um die
überflutenden Gewässer zu regeln, legte manaus Schlamm
schief ansteigende Dämme an; diese schiefe Linie ahmt man
nach bei den Steinbauten; wohl nicht blofs aus Gewohnheit,
sondern teils um ihnen gröfsere Festigkeit gegen das Andran-
gen der Fluten zu geben, teils um kräftige Stützen für dle
schwere Steinbedachung zu haben. Die UberSChwenlmllngen
verwischten die Grenzen des Grundbesitzes; man Illllßte dle
Mefskunfl üben, um diese Grenzen zu sichern. Diese frühe
mathematische Ausbildung bewirkte wohl die regelmäßige
Form ihrer ältesten Gebäude, der Pyramiden, die rein mathe-
matische Flächen zeigen. Der Steinbau wurde früh hervor-
gerufen durch den bald eintretenden Mangel an gutem Bau-
holz neben Reichtum an Granit, guten Kalk- und Sandsteinen
und dem zur Ziegelbrennerei sich eignenden Nilschlamm, Die
einheimischen Pflanzen gaben das Vorbild für den Schmuck
der Säulen, u. a. m. Ist so auch vielleicht erklärlich, warum
die Architektur gewisse Bahnen einschlug, S0 reicht das dOCh
nicht aus zur Erklärung dafür, dafs m der Plastik, soweit sie
mit der Architektur in Verbindung tritt, im Laufe von Jahr-
tausenden nur eine so wenig wahrnehmbare Entwickelung statt-
gefunden hat. Der Plastiker der geschichtlich bekannteren
Zeit arbeitete meist statt nach eigener Beobachtung vielmehr
nach bestimmten Mustern und überkommenen Kunstregeln,
S0 dafs mehrere Künstler an verschiedenen Orten Teile der-