Kap
Die ägyptische Kunst.
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meifselt und zu einer mit Bildern und Hieroglyphen geschmück-
ten Fagade umgearbeitet, in deren Mitte sich die jetzt halb
verschüttete Thür beiindet. Die rundliche, etwas rückwärts
liegende Oberschwelle scheint, wie es auch sonst aus einigen
Merkmalen wahrnehmbar ist, den früher üblichen Holzbau nach-
zuahmen. Die inneren Räume sind für die Verstorbenen wohn-
lich hergerichtet; sie sind mit farbigen Darstellungen bedeckt,
die teils Opferfcenen, teils Bilder aus dem Leben der Dahin-
geschiedenen enthalten, wie wir das oben gesehen haben. Ahn-
lich sind die Hügelgräber eingerichtet, die nur äußerlich sich
weniger durch künstlerischen Schmuck hervorthun. Zur An-
lage von Totenstätten wählte man stets die Hßßhebene oder
das Bergland, damit das Hochwasser des Niles sie nicht er-
reichen konnte.
Bedeutsamer als die Felsengräber sind die Felsentempel,
von denen die berühmtesten die von Ipsambul (Abu Siinbel)
in Nubien sind, welche von Ramses II. (Sesostris) herrühren
(Taf. 3, Fig. 4). Dieselben liegen auf dem linken Ufer des
Niles, wo sie dem Sand der Wüste so sehr ausgesetzt sind, dafs
sie den späteren Geschlechtern bis in dieses Jahrhundert un-
bekannt waren. Im Jahre 1816 erst wurden sie wieder blofs
gelegt. Zwei ein Thal einschliefsende rotbraune Sandstein-
Wände sind zu Fagaden von Tempeln umgeSehß-ffen Würden,
die sich in zahlreichen, mit Skulpturen und Hieroglyphen be-
deckten Hallen im Innern der Sandberge ausbreiten. Fig. 4
zeigt uns die eine dieser Fagaden, die 33,59 m lang und
28,50 m hoch ist. Sie ahmt das Äufsei-e eines Bylon nach;
sie steigt von allen Seiten schräg nach oben und ist von dem
Rundstab eingeschlossen und dem HohlgeSimS bCkTÖnt, über
dem sich noch ein Skulpturenstreif befindet. An_der Fagade
haften vier aus dem natürlichen Felsen gehauene Riesentiguren,
welche im Sitzen eine Höhe von über 20 m_ haben und 9 iii
breit sind. Sie vergröfsern also die menschliche Gestalt etwa
dreizehnmal (die Nase ist gegen I m, das Ohr 1315 in lang).
Zwischen den Beinen dieser Figuren, welche König Ramses II.
vorstellen, stehen die Statuen seiner Kinder. In der Mitte
des Ganzen ist der Eingang zum Tempel, etwa 3 m hoch.
Oberhalb desselben ist eine viereckige Nische von etwa gleicher
Höhe eingehauen, in der sich Gott Ra befindet mit der Sonnen-
scheibe auf dem Kopfe. Rechts und links davon erscheint
wieder in Relief „Rainses, den Gott verelirend." Der übrige
Teil der Wand ist mit Reliefs und Hieroglyphen bedeckt und
bekrönt von einer Reihe von 22 sitzenden, 2,50 m hohen
Hundskopfaifen, welche die Hände auf die Kniee stemmen.
Am interessantesten für uns sind die vier Kolossalgestalten,
Menge, Antike Kunst. 2. Aufl. 2