16
Kunst des
Die
Orients.
Bogen angezogen, um den Pfeil zu entsenden. Die Zügel
sind ihm, damit er beide Hände frei habe, um den Leib
geschlungen. Uber ihm schwebt der Geier, das Symbol der
Herrschaft über Oberägypten. Hinter dem so grofs darge-
stellten Könige folgen kleiner gezeichnet seine drei Söhne
in drei neben einander fahrenden, minder prächtig ausge-
statteten Kriegswagen. Während aber der König bei seiner
Tapferkeit wagt allein gegen die Feinde vorzustürmen, trägt
hier jeder Wagen zwei Personen, von denen je eine Zügel
und Bogen führt, während die andere einen Schild hält. An
der linken Seite der Wagen befinden sich Bogentasche und
Köcher. Die kleine Bergfestung auf der linken Seite des
Bildes starrt von Pfeilen, und die Verteidiger wenden sich
alle mit ausgestreckten Händen um Erbarmen ilehend an
den siegreich vordringenden König, während am Fufse des
Berges ein mit dem Bogen bewaffneter Einwohner sein Vieh
eilends davon treibt.
Der Typus der Agypter. (Taf. 3, Fig. 2.) Die
Agypter sind auf den Bildern in der Regel hoch, mager und
schlank; die Brust ist kräftig, die Schultern sind breit und _voll,
der Hals ist im scharfen Winkel aufgesetzt. Auch der Gesichts-
typus ist bei fast allen Figuren derselbe, wie er vergröfsert
wiedergegeben ist in den beiden Reliefs Taf. 3, Fig. 2.
Der Kopf ist oft fehr grofs. Die Nafe ift kurz, breit und
rund, die Stirne ifl niedrig und tritt zurück, die Augen sind
lang, schmal und im Gegensatz zu dem im Profil stehenden
Gesichte in der Vorderansicht gezeichnet. Die Lippen sind
auffallend breit und fest geschlossen. Die Ohren sitzen ungewöhn-
lich hoch. DerAusdruck ist stets derselbe, mag der Mensch ruhen
oder arbeiten oder kämpfen, nämlich ruhig, ja starr, einem
schwermütigen Lächeln sich nähernd. Es werden nicht in den
einzelnen Figuren einzelne Personen entsprechend ihrem Alter,
ihrer jeweiligen Lage und ihrem geistigen Zustand zur An-
schauung gebracht, sondern überhaupt Menschen: der Dar-
stellung fehlt das Individuelle im Gesichtsausdruck; dafs im
übrigen, besonders in den Vorgängen aus dem Privatleben,
die Darflellung lebensvoll und deutlich ist, haben wir gesehen.
Nach dieser Abschweifung auf die Wandbilder, welche
nötig war, um die Abbildungen der Tempel zu verstehen, kehren
wir zur Architektur zurück. Wir haben noch die sogenannten
Hypogaeen zu betrachten, unterirdische Bauwerke, die teils
Gräber, teils Tempel sind. Gräber dieser Art finden sich
sowohl bei Theben als bei Memphis. Taf. 3, Fig. 3 zeigt uns
ein Felsgrab bei Gizeh, also aus der Nähe des alten Mein-
phis. Die Wand eines Felsens ist ein wenig schräg abge-