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Die ägyptische Kunst.
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Fig. 9 zeigt uns eine höchst lebensvolle Kampfscene: Kö-
nig Sethos tötet die Anführer eines libyschen Volkes. Wir
sehen drei Gestalten, von denen eine sterbend am Boden
liegt, zwei noch im Kampfe begriffen sind. Der Tote ist
von einem Speere durchbohrt. Sein Helm und der Schurz
um die Hüfte sagen uns, dafs er derselben Nation angehört
wie der andere Kämpfer, welcher eben unterliegen wird.
Eine Wunde in die Brust hat dieser schon durch einen Pfeil
erhalten; er hat nur noch den Bogen zur Verteidigung, da
stürmt der König auf ihn ein, fafst ihn kraftvoll am rechten
Arm, holt mit der speerbewaffneten Rechten weit aus und
wird ihm vollends den Tod geben. Der siegreiche Agypter
ist, wie zumeist, fast nackt, nur trägt er um die Hüften einen
Schurz, um den Hals einen Kragen, auf dem Kopf die gewöhn-
liche Haube, an den Füfsen leicht befestigte Sohlen, über den
Rücken hin hängt ihm der Köcher. Dieses Bild, dem es an
Lebhaftigkeit und Klarheit gewifs nicht fehlt, zeigt uns zu-
gleich die Grenzen ägyptischer Kunst. Man betrachte nur den
Sterbenden: Beine und Hüftengegend lassen die Figur er-
scheinen als auf dem Rücken liegend, Während der Oberleib
in einer dann ganz unmöglichen Weise auf der rechten Schulter
aufliegt. Das erklärt sich so: Am menschlichen Körper sind
Arme, Beine und Kopf am deutlichsten als solche zu erkennen
in der Seitenansicht (Profil), der Oberleib in der Yorderansicht.
Unvermögend nun, wie es scheint, in anderer Weise die nötige
Deutlichkeit zu erreichen, stellt der ägyptische Künstler Arme,
Beine und Kopf mit Ausnahme des immer _v0n_ vorn ge-
sehenen Auges stets ins Profil, den Oberleib lIl die Vorder.
ansieht.
Wie alles nach seiner Hauptansicht gezeichnet wurde,
lehrt uns aber besonders Taf. 2, Fig. 10, Welßhö fillS einer
Grabkapelle wohl eines Baumeisters stammend eine Scene
vom Bau des Amuntempels im alten Theben darstellt.
Links die viereckige Fläche soll einen Weiher bedeuten, der
also im Grundrifs gegeben ist; in gleicher Weise ist der
Rasenrand behandelt, der denselben auf allen vier Seiten
in gleicher Breite umgiebt, aber auf eben dieser Fläche er-
scheinen die einzelnen Grasptlanzen 1m Aufrifs. Auf allen
vier Seiten des Grundrisses stehen nach aufsen gerichtet vier-
undzwanzig völlig gleich im Aufrlfs gezeichnete Bäume, so
dafs nur die des jenseitigen (hier: oberen) Ufers die auf-
rechte Stellung haben. Aus diesem Weiher, dessen Wellen
durch Linien im Zickzack bezeichnet sind und auf dem
Wasserpiianzen schwimmen, wird von Arbeitern Wasser ge-
holt. Der eine bückt sich und schöpft mit dem Kruge: in-