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III,
Kunst bei
Die
Römern.
den
Seite des Atrium ist durch einen gerefften Vorhang D teil-
weise abgeschlossen. Von Möbeln sehen wir nur wenig, desto
mehr Decken- und Wandschmuck, und freundlich blickt des
Himmels blaues Auge herein.
Wandmalerei. Taf. 29, Fig. 4 bietet uns einen Teil
einer bemalten Wand, nur dafs hier der Reiz der Farbe
mangelt. Die ganze Wand ist senkrecht in eine ungleiche
Anzahl Felder geteilt, die, wie unser Bild an zwei solchen
Feldern zeigt, in verschiedener Weise behandelt waren. Der
Höhe nach ist das Ganze in zwei Flächen geteilt, den Sockel und
die eigentliche Wand; oft kommt hierzu oben noch ein dritter
Teil, ein Fries. Der Sockel der linken Hälfte unseresBildes
zeigt eine von Linien eingerahmte, scheinbar viereckige Offnung
in der Wand, über Welche Blumengewinde herabhängen, die
in der Mitte von einem Tierkopfe gehalten werden. Von hinten
herbeigekommen hat sich auf der scheinbaren unteren Fläche
der Offnung eine weibliche Figur halb aufgesetzt, die den
rechten Arm auf die Mauer stemmt, mit der ausgestreckten
Linken die aufs Knie gestützte Lyra hält und ihr Gesicht dem
Zimmer zuwendet. Uber dem als Brüstung behandelten sinis-
artigen Abschlufs des Sockels findet sich ein gleichmäfsig
dunkelgrundiertes Feld, das rechts und links von den Linien
der benachbarten Architekturbilder, oben von einem Rahmen
eingeschlossen ist. Rechts und links steigen auf diesem dunkeln
Hintergrunde ganz leicht gehaltene PHanzenornamente in die
Höhe, auf deren Spitze sich je ein Vogel wiegt. Von oben
hängen Bänder in flachen Bogenlinien herab, in der Mitte
schweben zwei leichte Gestalten: ein geflügelter Genius mit
einer umgestürzten brennenden Fackel in der Rechten trägt
ein Weib. Das reicher geschmückte rechte Feld ist so an-
gelegt, dafs es den Schein erweckt, als ob es ins Zimmer
vvorspringe. Es zeigt im Sockel ebenfalls eine fensterartige
Offnung, deren Linien die Basis eines vertieften Rechteckes
sonderbar durchschneiden. Auf der unteren Fläche steht ein
schäumender Becher. Der Sockel schliefst mit demselben
Gesims ab wie das Nebenfeld. Darüber erhebt sich ein drei-
teiliger, zweistöckiger Pavillon, getragen von leichten Säulen
und mit allerlei zierlichem Ornamentwerk geschmückt. Um
de? Schein der Wirklichkeit zu erhöhen, tritt von hinten eine
weibliche Figur in den unteren Mittelraum ein.
Solche phantastische Architektur kehrt bei vielen Wand-
dekorationen in Pompeji wieder. Säulchen, Gebälke, Gerüste
und Giebel sind aus zartem, luftigem Stoffe gebildet, so dafs
sie nichts tragen können und also den Gesetzen der Archi-
tektur Hohn sprechen; die Perspektive ist vielfach falsch; aber