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III.
Römern.
Die Kunst bei den
Darstellung von echt römischen Ideen handelte, abhängig
waren von den Schöpfungen der griechischen Kunstblüte, die
sie allerdings geistvoll auszunützen und in technisch vollendeter
Weise nachzuahmen verstanden.
Agrippa (Taf. 27, Fig. 9). Unter Augustus Altersge-
nossen und Vertrauten zeichnete sich als Kriegsheld vor allen
M. Vipsanius Agrippa aus, der durch seine ruhmvollen Siege
besonders zur See Augustus' Herrschaft begründen half. Es
ist derselbe Agrippau), der auch durch seine grofsartigen Bau-
werke das kaiserliche Rom verschönerte. In einer Nische
des von ihm erbauten Pantheon war seine Bildsäule neben
der seines kaiserlichen Freundes aufgestellt (S. 190). Diese
glaubte man wieder erkennen zu dürfen in der Taf. 27, Fig. 9
abgebildeten Statue, die Agrippa als Neptunus mit einem Del-
phin in der Linken darstellt. Doch ist diese Ansicht nun-
mehr aufgegeben. IIIWlEWClÜI unsere Statue ursprünglich das
jetzige Aussehen hatte, läfst sich nicht mehr feststellen, da
das äufsere Beiwerk gröfstenteils späterer Zeit angehört. Wir
sehen einen nackten, athletisch gebildeten Körper, dessen Stellung
an den Doryphoros erinnert (Taf. 15, Fig. 10). Mit dem
rechten Bein schreitet er vorwärts, das eben gehobene linke
Bein berührt nur mit den Zehen den Boden. Der auf kräf-
tigem Rumpfe aufsitzende Kopf wendet sich leise nach links.
Das (etwas verwaschene) Gesicht zeigt derbe Züge und ist
von kurzgelocktem Haupthaar umrahmt, welches nach der
Stirn zu gestrichen ist. Von der rechten Schulter aus läuft
schräg über den Leib ein gellochtener Schwertriemen, an dem
die Scheide hängt; der rechte Arm mit dem Schwert, der
linke Unterarm mit dem Schwanze des Delphins ist ergänzt,
vielleicht der ganze Delphin samt dem kleinen Altar. Antik sind
die oberen Teile des kleinen Mäntelchens, welches zweigeteilt
nach hinten und vorn von der linken Schulter herabfällt.
Taf. 27, Fig. 10 ist das Porträt der älteren Agrippina,
der Tochter des Agrippa aus der Ehe mit Augustus' Tochter
Julia. Sie war mit Germanicus, dem Sohne des Drusus und
Neffen des Tiberius, verheiratet und begleitete ihren Gatten
auf seinen Feldzügen am Rhein und nach Germanien. Trefflich
als Gattin und Mutter war sie zugleich mutvoll genug, selbst
von aufrührerischen Legionen sich nicht schrecken zu lassen.
Das Bewufstsein ihrer Würde freilich verleitete sie in späteren
Jahren, da ihr Gemahl als Opfer der Hinterlist gefallen war,
ZU Verleflendem Stolze. Das Selbstgefühl läfst sich auch in
der vornehmen Haltung unserer Statue erkennen, in der an-
mutige Leichtigkeit und bewufste Würde in kunstvoller Weise
gepaart erscheinen. Auf einem niedrigen Stuhl ruht sie in