Kap.
Die Kunst
unter Kaiser
Augustus.
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Diana in ebenfalls karmesinfarbenem Gewande, mit Köcher
und Fackel und von einem braunroten Hirsch getragen. In
der Mitte steht aufrecht eine kriegerische Gestalt, in blau und
rot gefärbtem Hamisch, karmesinroter Tunika, Purpurmantel
und blauem Helm, neben ihr ein Wolf. Man deutet die Ge-
stalt auf einen römischen Feldherrn, ja auf Augustus selbst 23),
Mit der Linken fafst sie das unter der Schulter gehaltene
Schwert, die Rechte wendet sie nach einem bärtigen Krieger.
Dieser, ein Parther, mit Bogen und Köcher an der Seite, be-
kleidet mit karmesinroter Tunika und blauen Hosen, hält mit
beiden Händen ein römisches Feldzeichen mit blau gemalten
lnsignien in die Höhe. Rechts und links von dieser Gruppe,
über Apollo und Diana, sitzt je eine Gestalt mit dem Aus-
drucke tiefster Niedergeschlagenheit und Trauer. Der Barbar
rechts ist an seinen rotblonden Locken und an seiner in der
Rechten gehaltenen Kriegstrompete, die in einen Drachen
ausgeht, als ein Kelte zu erkennen. In der Linken hält er
eine leere Schwertscheide, neben ihm liegt ein mit einem Eber
geschmücktes, aber zerbrochenes Feldzeichen; sein Mantel ist
purpurfarben. Der Mann links ist ebenfalls blondgelockt; er
ist mit einem blauen Mantel, mit einer Armeltunika, engan-
schliefsenden Hosen und Stiefeln bekleidet; er hat die Beine über-
einander geschlagen und starrt herab auf das abgenommene
Schwert in seinen Händen. Er mag auch ein Kelte sein, oder
vielleicht ein Germane; denn diese beiden Völker schienen
den Römern wenig verschieden. So ist also in dieser sinn-
voll ausgedachten, geschickt angeordneten und trefflich aus-
geführten Komposition der vielgerühmte Moment dargestellt,
da die Parther die den Römern einst in siegreicher Schlacht
abgenommenen Feldzeichen freiwillig dem wegen seiner Macht
gefürchteten Augustus ausliefern. Zeugen dieses Vorganges
sind die anderen unterworfenen Völker. Des Augustus Regi-
ment aber führt unter dem Schutz der höchsten Götter das
heitere Tagesgestirn herauf über die Erde, die, selbst andern
Nahrung spendend, dem mächtigen Herrscher den Ertrag ihrer
Fluren als Schuldigen Zoll spendet. Der Künstler bringt dem
Herrscher hier eine ähnliche Huldigung dar wie der Dichter
Horatius in dem carmen saeculare.
Dieses Werk bedurfte so eingehender Besprechung, weil
es im höchsten Mafse bezeichnend ist für die römische Kunst
unter Augustus AlS Porträtstatue ist es WiChtlg durch die
charakteristische Wiedergabe der Züge des Kaisers; anderer-
seits zeigt es uns durch den gleichsam in getriebener Erz-
arbeit gehaltenen Schmuck des Panzers, in wie starker Weise
die in Rom arbeitenden Künstler, selbst wo es sich um die äufsere