KAPITEL.
DRITTES
Die
Kunst
unter
Kaiser
Augustus.
Anders gestalteten sich die Kunstzustände, nachdem Kaiser
Augustus in den welterschütternden Kämpfen obgesiegt hatte
und wieder Ruhe auf dem Erdkreis einkehrte, wenn auch zu-
nächst die Ruhe der Erschöpfung. Teils unter seinem un_
mittelbaren Einüusse, teils um ihn zu verherrlichen oder ihm
zu Gefallen zu leben, war man unermüdlich thätig, vor allem
Rom selbst, dann aber auch die gröfseren Städte Italiens und
der Provinzen mit Kunstwerken aller Art zu füllen. An den
architektonischen Aufgaben, die, den neuen grofsartigen Lebens-
verhältnissen entsprechend, selbst auch grofsartiger Natur waren,
beteiligten sich auch geborene römische Künstler. Die Pla-
stik wurde zumeist von den zahllosen, von allen Enden der
hellenisierten Welt nach dem neuen Mittelpunkt zusammen-
strömenden griechischen Bildhauern geübt. gFehlte so ein
nationaler Untergrund für die Entwickelung dieser Kunst, so
fehlte es auch an erhabenen Zielen; denn die Plastik hatte
hauptsächlich der Prunksucht der römischen Grofsen zu dienen,
denen wie die Begeisterung so auch das tiefere Verständnis
für das Wesen der Kunst meist abging.
Theater des Marcellus. Taf. 26, Fig. 1 ist der Grund-
rifs eines von Cäsar begonnenen Theaters, das, erst später
vollendet, von Augustus I 3 v. Chr. geweiht und nach Seinem
Neffen Marcellus benannt wurde. DaS IÖHIISCIIC Tlheater
stimmt seiner inneren Einrichtung nach im wesentlichen mit
dem griechischen überein, so dafs wir der gröfseren Anschau-
lichkeit wegen auf eine restaurierte Ansicht des Theaters
von Segesta verweisen können (Taf- 25, Flg- 2), VQH dem
wir den Grundrifs mit beifügen (Taf. 26, Fig. 53)- DZIS Ganze
zerfällt in drei Teile: die rechtwinkelige Skene oder Bühne,
deren Hintergrund ein mehrstöckiges Gebäude bildet; davor
die niedriger gelegene, ebene, halbkreisförmige Orchestra, auf
welcher sich bei den Griechen der Chor zu bewegen wiegte,
während bei den Römern sich hier die Sitze der bevorzugten
Stände befanden, und drittens der eigentliche Zuschauerraum,
der von zwei konzentrischen Halbkreisen begrenzt und von
terrassenförmig übereinander aufsteigenden Sitzreihen eingg-
nommen war. Den Abschlufs bildete nach oben in der Regel
eine bedeckte Säulenhalle. Mehrere horizontale Gänge, prae-
cinctiones genannt, schieden die einzelnen Ränge voneinander
und ermöglichten eine leichtere Bewegung des ein- und aus-
gehenden Publikums. Dem letzteren Zwecke (lienren auch