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griechische Kunst.
Die
zeigt volle Lippen, gestreckte Nase. tiefliegende, schmal ge-
schlitzte Augen, schmale Stirne. Vom Wirbel aus fliefst nach
allen Seiten hin leicht gewelltes, von einem Ringe zusammen-
gehaltenes Haar.
Von der rechts sich anschließenden Kämpfergruppe ist
besonders gut der Oberkörper der Jungfrau (Taf. 18, Fig. 8)
erhalten, welche ein Kentaur zu rauben sucht. Wir sehen auf
unserem Bilde die beiden Hände des Unholdes, mit denen er
das Weib umspannt; zugleich schlingt er den rechten Vorder-
fufs um sie. Das Mädchen aber sträubt sich mit allen
Kräften und sucht sich mit beiden Händen aus der Umar-
mung zu befreien, während es zugleich mit hochgehaltenem
linken Ellenbogen den Kopf des wüsten Gesellen von sich
fern hält. Auch ist ihr im rechten Augenblicke von
rechts her Theseus zu Hilfe geeilt und hat dem Kentauren
eine klaffendeWunde in die Stirne versetzt, so dafs dieser wohl
bald von seiner Beute lassen wird. Das Gesicht des Mäd-
chens hat stark entwickelten Unterkiefer und schmal ge-
schlitzte Augen, ermangelt aber, wie meist die archaischen
Statuen, eines besonderen Ausdrucks. Dagegen zeigt das Ge-
wand die lebhafte Bewegung des Kampfes. Das Haar ist
nachlässig behandelt und gröfstenteils unter Tüchern ver-
steckt.
Weiteren Schmuck hatte die Aufsenseite des Zeustempels
nicht. Schreiten wir aber durch die umgebende Säulenreihe
von Westen oder Osten hindurch, so zeigen uns die beider-
seits der Cella vorgelegten Säulenstellungen in ihrem dorischen
Friese reliefgeschmückte Metopen, welche die zwölf Ar-
beiten des Herakles darstellen.
Die Tafeln sind 1,60 m hoch, so dafs die Figuren bei-
nahe Lebensgröfse haben. Eine der besterhaltenen ist die
sogenannte Atlas-Metope (Taf. 18, Fig. 9). Sie bezieht sich
auf den Mythos, wie Herakles die Äpfel der Hesperiden holt.
Herakles war auf seiner Fahrt nach den Hesperiden zu König
Atlas, dem Träger des Himmelsgewölbes, gekommen. Dieser
ist bereit, für jenen die goldenen Früchte aus dem ihm be-
kannten Garten der Hesperiden zu holen, wenn Herakles in-
zwischen das Himmelsgewölbe tragen will. Unser Bild zeigt
den Augenblick, wo Atlas mit drei Früchten in jeder Hand
zurückkehrt. Blofs mit der Königsbinde um das volle Haupt-
haar geschmückt, schreitet er auf den Heros zu, der in der
Mitte des Bildes gerade aufgerichtet die schwere Last trägt,
die durch ein zusammengelegtes Polster zwischen Nacken und
rückwärts gestreckten Unterarmen sinnbildlich angedeutet wird.
Hinter ihm steht eine uns durch die Gewandbehandlung an die