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griechische
Die
Kunst.
niederliegt, nicht arm an Erzeugnissen, die uns erkennen lassen,
dafs eine Entwickelung vorhanden ist, sei es in der Wahl des
Stoffes, sei es in der Behandlung. Man neigte sich in beiden
Beziehungen mehr und mehr dem Realismus zu und erreichte,
wie besonders auch die neuesten Funde erweisen, eine über-
raschende, ja packende Naturwahrheit der oft in lebhaftester
Bewegung dargestellten Gestalten. Der Idealismus war damals
arm an neuen, grofsen Schöpfungen. Erhabenes zu bilden,
vermochten und begehrten nur wenige; doch ist zu jener Zeit
einiges geschaffen worden, was man seit lange den besten
Leistungen an die Seite gesetzt hat.
Die Richtung der Zeit aber ging nach einer andern Seite.
Leidenschaft und Schmerz, Kampf und Sieg, Tod und Ver-
derben wufste man meisterlich darzustellen, und nicht mehr
in gedämpften Farben, wie vordem, sondern grell, denn die
Menschheit wollte Wirklichkeit, wollte aufregende Wirklichkeit
sehen. Und was die Künstler dieser Richtung besonders in
Kleinasien geschaffen haben, berechtigt uns von einer neuen
Blüte griechischer Kunst im zweiten Jahrhundert v. Chr. zu
reden.
Die Baukunst erzeugt nicht eigentlich neue Formen,
aber sie weifs die alten neu anzuwenden und bringt, gefördert
von glanzliebenden Fürsten, grofsartige Schöpfungen hervor,
Tempel, Grabstätten, Altäre, aber auch Paläste und ausge-
dehnte Fürstensitze dankten jener Zeit ihre Entstehung.
SECHSTES
KAPITEL.
Olympia.
Um von Olympia, dessen Bau- und Bildwerke verschie-
denen Perioden angehören, eine genauere Anschauung zu
geben, schien es rätlich mit Verzicht auf die Zeitfolge (las
räumlich Zusammengehörige hier in seinen wichtigsten Er-
scheinungen zusammenzustellen 92).
Welchen Anblick die berühmte Stätte einst geboten haben
mag, läfst Taf. 17, Fig. 2 ahnen. Um aber dieses Bild zu
verstehen, müssen wir erst den Grundrifs und die einzelnen
Bauten näher betrachten. Auf Fig. 1 tritt uns zunächst ein
grofses, abgegrenztes schiefwinkliges Viereck entgegen, das
nach Norden von dem Abhange des Kronoshügels nach
den drei andern Richtungen von Mauern umgeben ist. Dies
ist die Altis, der eigentliche geweihte Bezirk, aufserhalb dessen
die verSChiedenartigsten weltlichen Gebäude angelegt sind.