1.38
Kunst.
Die griechische
kende Waffe entgegen, um dann, sie von links nach rechts-
führend, die ganze Schar zu vernichten. In dieser langsamen
Bewegung sehen wir den Gott begriifen. Das linke, von vorn-
herein elastisch den Boden berührende Bein hat bei der sofort
eingetretenen Drehung sich notwendigerweise auf die Fufsspitzen
erhoben 90). Die rechte Hand ist noch etwas zurückgestreckt,
wie bei einem, der den Erfolg seiner plötzlichen Handlung
erwartet. Und dieser tritt wohl rasch ein. Auf dem rechten
feindlichen Flügel, den noch die Agis bedroht, und nach
dem sein Kopf lebhaft gerichtet ist, zeigt sich wohl die furcht-
bare Wirkung; denn der Zorn des Gottes, der sich noch am
Kinn und im herben Ausdrucke des Mundes ausspricht (vgl.
Taf. 23, Fig. 7 den Kopf des Apollon), weicht im Auge
und auf der Stirn bereits dem sicheren Triumphgefühl. (Man
bedecke abwechselnd die obere und die untere Hälfte des
Kopfes!) Wie der rechte Flügel, so wird bald vor dem
Anblick der Ägis auch die Mitte, auch der andere Flügel des
feindlichen Heeres erliegen.
Dafs das Original unseres Werkes, das aus Erz gebildet
war, jedenfalls der Zeit nach Alexander angehört, scheint auch
aus der ganzen Haltung des Gottes hervorzugehen. Von der
Einfachheit und ruhigen YVürde, die wir früher an den ernsten
Darstellungen höherer Götter fanden, ist hier nichts zu be-
merken. Wir sehen den Gott nicht nur in voller Handlung,
wir sehen ihn auch ergriffen von menschlicher Leidenschaft,
wiewohl die göttliche Hoheit noch die Oberhand behält.
Ferner spricht für diese spätere Entstehung die Stellung, die
den Gott inmitten einer gleichmäßigen Bewegung zeigt,
schliefslich der Schmuck der Statue und die auf glatte Ele-
ganz zielende Arbeit. Der Körper hat weder Adern noch Mus-
keln. Die Sandalen sind mit feinem Riemenwerk an den Füfsen
befestigt, der Aufbau des Haupthaares ist ungemein zierlich.
Der Körper ist schlanker als er bei Menschen zu sein pflegt.
Die Chlamys ist von dem linken Arm nicht ganz ungesucht
am vorderen Ende mit emporgerafft. So kommt sie selbst zu
schöner Entfaltung und füllt den sonst leeren Raum zwischen
Arm und Brust. Über die Brust läuft ein zierliches Band, zu
dem mit Recht wohl ein Köcher ergänzt ist; bedarf er des-
selben auch jetzt nicht, da er ausnahmsweise statt des Bo-
gens die Agis führt, so trägt er ihn doch im Kampfe gewöhnlich.
Medusa. 23, Fig. 8 und 9.) Der Apollon vom
Belvedere führt als Waffe die Ägis, die wir bei der Athene
Parthenos als Brustpanzer fanden. Die Agis besteht aus einem
Ziegenfell mit Troddeln oder Schlangen, an dem sich das
.versteinerte Haupt der Medusa befindet. Medusa, eine der