Kap
Bis zum
Römertunl.
GTiCChCDUIHIS im
des
Aufgehen
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plumpen, schwieligen Hände und Füfse; auch sind die Augen-
brauen was sich freilich auf der Abbildung nicht erkennen
läfst sehr stark ausgebildet. Wir haben also einen Bar-
baren vor uns und zwar einen nordischen; ein Orientale würde
anders dargestellt seinso). Aber aus welchem Volke stammt
er? Aus dem (auf dem Bilde kaum sichtbaren) Schilde kann
nichts gefolgert werden; dieselbe Form findet sich auch sonst.
Das zerbrochene und falsch ergänzte Horn kann uns wohl
sein Amt anzeigen, aber nicht seine Nation. Noch bleibt ein
Kennzeichen, der Schmuck am Halse, ein aus Metall gewun-
denes Halsband. Solche finden sich, wie aus der Geschichte
des Manlius Torquatus bekannt ist, bei den Galliern, und auf
diese pafst auch das ziemlich lange und breite Schwert und
der Umstand, dafs die Figur völlig unbekleidet ist. Denn
es war ein besonders den Galliern eigentümlicher Brauch, dafs
die Vorkämpfer nackt in die Schlacht gingen". Wir haben
also einen verwundeten Gallier vor uns. Alle anderen Eigen-
tümlichkeiten der Statue widersprechen dieser Annahme nicht
nur nicht, sondern unterstützen sie. Wie aber erhielt die
Kunst Veranlassung, einen sterbenden Gallier darzustellen?
Die unstäten, wanderlustigen Gallier hatten im dritten Jahr-
hundert v. Chr. ihren Weg nach Kleinasien gefunden und
dort solchen Schrecken verbreitet, dafs ihre Nachbarvölker
ihnen Tribut zahlten. Nur König Attalos von Pergamos")
weigerte sich dessen; es kam zu Feindseligkeiten; die Gallier
verbanden sich mit den Gegnern der Attaliden, aber diese
besiegten die barbarischen Horden nebst ihren Bundesgenossen.
Diese Siege waren die Ursache, dafs in Pergamos der
griechische Geist zu neuem Leben erwachte und unter Anre-
gung des kunstsinnigen und ehrgeizigen Königs Baukunst und
Plastik sich zu hoher Blüte entwickelten. Attalos liefs, indem
er seine Kämpfe gegen die Gallier mit den Siegen des Griechen-
tums über das Barbarentum in der mythischen Vorzeit und
in der Geschichte gleichstellte, in vier Gruppen die Siege
der Götter über die Giganten, der Athener über die Afnazo-
nen, der Athener über die Perser bei Marathon, des Attalos
über die Gallier bilden, und weihte diese nach Athen, wo
sie die Südmauer der Akropolis (T af. 13, F ig. 9, Nr. 16) geziert
haben. Von diesen Gruppen ist noch eine gröfsere Anzahl Fi-
guren auf uns gekommen. Selbstverständlich ist, dafs Attalos
auch seine eigene Residenz mit plastischen Werken schmücken
liefs, die auf dasselbe grofse Ereignis Bezug hatte-Im Einen Rest
der letzteren Kunstwerke glaubt man mit grofsem Rechte in dem
"sterbenden Gallier" zu erkennen. Mit der attalischen Erb-
schaft mag er im Jahre 134 v. Chr. nach Rom gekommen sein.