148
griechische Kunst.
Die
allerlei Getier angebracht, wie es auf dem Hochgebirge lebt
oder durch die bacchische Feier dort zusammengeführt ist.
Vorn an der rechten Seite aber sitzt eine jugendliche, eben-
falls festlich mit Blumen geschmückte Gestalt, ausgezeichnet
durch die Hirtenüöte, also ein Hirt, wie sie auf diesem Ge-
birge heimisch sind; hatte ja ein Hirt auch einst die beiden
Brüder bei sich aufgenommen. Durch seine Kleinheit wird
er alsNebenfigur bezeichnet. Ob der Hund, der nach seiner
Natur bei solch einem Vorgange selbstverständlich nicht ruhig
bleiben kann, dem Hirten gehört oder den Iünglingen, läfst
sich nicht entscheiden, ist auch nicht von Belang.
So löst sich bei näherem Eindringen das wilde Durch-
einander, das auf fast allen Abbildungen diese Gruppe bietet,
allmählich für den Beschauer auf, und er mufs „die lebens-
volle Gewaltigkeit des grofsen Stieres, die athletische Ge-
wandtheit der Brüder, den edeln und feinen Geschmack in der
Behandlung der Gewänder, die grofse Wahrheit, die Kraft des
Ausdrucks in allen Stellungen und Gestalten" 79) anerkennen.
Antiope, die schöne Gewandstatue im Hintergrunde, die auf
unserm Bilde nur wenig sichtbar ist, scheint auf den ersten
Blick überflüssig; aber sie vervollständigt erst die Gruppe
dem Inhalte nach und ist, da das grofse Werk vermutlich die
Höhe einer Felspartie in einer Parkanlage krönte und somit
bestimmt war, von allen Seiten gesehen zu werden, für die
Hinterseite unentbehrlich. Die Meister dieses Werkes waren
Apollonios und. Tauriskos aus Tralles in Karien. Sie haben
dasselbe für Rhodos geschaffen, wo sie wahrscheinlich auch
gelebt haben. Den farnesischen Stier nennt man die Gruppe,
weil sie nach ihrer Auffindung bis zum Iahre 1786 im Palast
Farnese zu Rom aufgestellt war.
Der sterbende Gallier auf dem Kapitol. Taf. 23,
Fig. 2 zeigt einen Mann mittleren Alters kraftlos niederge-
sunken auf seinen Schild. Das rechte Bein ist angezogen, das
linke matt ausgestreckt; der rechte Arm hält, etwas gekrümmt,
den Oberkörper noch in schiefer Lage aufrecht, die linke
Hand legt sich, der Bewegung des Oberkörpers folgend, schlaff
aufden rechten Oberschenkel, das Haupt senkt sich schwer
vorn. über, an ,der rechten Brust strömt aus tiefer Wunde Blut.
Wir haben also einen sterbenden Kämpfer vor uns. Aber wer
ist. CS9 Ein Hellene kann es nicht sein. Dagegen SpriCht
zunächst das steife, struppige Haar des Kopfes, der Schnurr-
bart, die mächtige Gestalt, die völlige Nacktheit, dann aber
auch bei näherem Zusehen die so zu sagen dicke Oberhaut
am ganzen Körper, (man betrachte nur die Bauchfalten und
die Haut über den Rippen der rechten Seite) und die etwas