Kap"
Bis zum
Aufgehen
Römertum.
Griechentums im
des
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lassen unberücksichtigt, dal's es viele Restaurationen hat be-
stehen müssen. Amphion', der als solcher durch die Laute
an dem Baumstamme zwischen seinen Beinen bezeichnet ist,
hält mit Aufgebot aller Kraft das wilde, sich bäumende Tier
noch an Horn und Schnauze fest, wie es zum Anlegen des
Strickes nötig war. Zethos zieht den Strick noch an und wird
sogleich mit raschem Schlung den Leib der Dirke am andern
Ende befestigenTS), die, schon von dem Tiere bedroht, in der
HoHnung, dafs sie vielleicht von dein milderen Amphion noch
Rettung erlangen könne, mit der Linken fiehend dessen rechtes
Bein umfafst. Es wird ihr nichts nützen. Im nächsten
Moment lassen die Brüder, zur Seite springend, den Stier los,
er fällt herab auf seine Füfse und dahin schleppt er die schlei-
fende Last. rMit gröfster Kunst ist die Gruppe, wie gewalt-
sam, in den Augenblick zusammengefafst, wo sie sich auf
regelloseste, wildeste Art entfalten SOll.(4
Die antiken Beschauer waren sich beim Anblick dieser
Gruppe bewufst, dafs "sich hier ein gottgewolltes Verhängnis
erfülle." Abgesehen davon war das Gräfsliche der Scene
auch durch die Wahl des Momentes und die Art der Anord-
nung wesentlich gemildert. Die Aufmerksamkeit wird vor
allem auf die zwei Heldenjünglinge gerichtet, die 1m Wett-
kampfe der Kraft mit dem wilden Tiere die pyramidal an-
gelegte Gruppe vorn krönen. Arnphion steht so kühn auf den
Felsenriifen, dafs er selbst ein Opfer der für die Mutter ge-
suchten Rache werden kann. Zu dem Stier und dem Bruder-
paare wird der Blick immer wieder von der rührenden Gestalt
der Dirke emporgelenkt. Und noch ist ja das Ungeheure nicht
geschehen, noch lebt, noch fleht die Königin. Vielleißht
lassen die Jünglinge sich noch erweichen. Doch nein; im
Hintergrunde steht die so lange gekränkte und rnifshandelte
Mutter; ihr mufs Recht werden.
Auf die Betrachtung aller Einzelheiten können wir nicht
eingehen, aber einiges mag erwähnt iwerden. Die Königin
war, zur Festfeier, mit reichem Gewande angethan, das ihr
aber in der Hast der Bewegung auf der rechten Seite bis zur
Hüfte herabgefallen ist. Um ihren Hals trug sie ein Tierfell,
wie es bei bacchischen Festen Sitte war; der Kopf desselben
ist auf der linken Brust zu erblicken. Auch der Korb neben
ihr deutet auf bacchische Festfeier, und ebenso das herabge-
fallene Blumengewinde auf ihrer rechten Seite Die Natur
des Berges ist auf der Basis durch unebenen Grund ange-
deutet, mehr noch durch die hervortretenden Klippen, auf
denen Arnphion steht, dessen leißhter Mantel durch den Wind
der luftigen Höhe bewegt wird. Ringsum an der Basis ist
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