144
Die griechische
Kunst.
VatßrS rcChten Unterschenkel samt dem rechten Knie des
jüngeren Sohnes und ringelt sich dann rüCkWärtS 11m den
rechten Oberschenkel des Vaters und ihren eigenen Leib und
empor um die Arme des Knaben herum, dem sie unter dem
rechten Arm den tödlichen Bifs versetzt. Die andere Schlange
hatte sich an dem jüngeren Knaben hinten vorüber nach dem
Rücken des Vaters geschlängelt; dieser erfafst sie vergeblich,
um sie von sich fern zu halten; sie schwingt sich an seinem
Rücken hin, unter dem linken Arme hindurch nach dem rechten
Arm des älteren Knaben, umschlingt diesen und fährt mit
heftigem Bifs in die linke Hüfte des Vaters. Der Vater also und
der jüngste Sohn sind nicht nur durch die Windungen der
Ungeheuer völlig in ihrer Bewegung gehemmt, sondern sie
haben auch das tödliche Gift in sich; der ältere Sohn ist
nur wenig umstrickt und noch unversehrt. So ist es denn
natürlich, dafs das schwächere Kind bereits widerstandslos er-
liegt. Zwar hatte seine linke Hand zur Abwehr nach dem
Kopfe der Schlange gegriffen, aber jetzt hat alle Handlung bei
ihm aufgehört, todesmatt sinkt der Knabe zusammen und wird
nur noch durch die Schlange aufrecht gehalten; das Auge
bricht, der Geist entflieht den halbgeöffneten Lippen, die Ge-
sichtszüge überzieht schon die Ruhe des Todes. Der unver-
letzte ältere Sohn ist nur soweit von dem Ungeheuer um-
schlungen, dafs er noch fliehen kann, wie er ja auch nach
der ältesten Schilderung des Vorganges 75) dem Untergange
entkommen ist; aber, wiewohl er mechanisch den rechten F ufs
aufhebt und ihn vom Schlangenknoten zu befreien sucht,
scheint er doch vor Entsetzen über seinen Vater, zu dem er
erschüttert aufblickt, sich selbst und die Flucht zu vergessen.
Während sein Bruder schon die Ruhe der Ohnmacht zeigt,
finden wir hier die erst sich ankündigende Bewegung, aber
die sich vorbereitende Anstrengung erlahmt aus Teilnahme
für den unglücklichen Vater. So wird auch er eine Beute des
Todes werden. Und wie ist der Vater aufzufassen? Beide
Schlangen haben ihn umstrickt, so dafs er nicht mehr ent-
kommen kann, die eine versetzt ihm den Bifs. Aber nicht
ohne vorübergehenden schweren Kampf. Das sehen wir an
seinen geschwollenen Muskeln, seinen hervortretenden Adern.
Jedoch das Ringen der Sterblichen gegen die Macht göttlicher
Ungeheuer-ist vergeblich. Trotzdem dafs er mit der Linken
die Schlange am Hals gepackt hatte, um ihren Kopf von
sich fern zu halten, hat sie sich durch die kraftvoll umschlies-
sende Hand durchgezogen 75) und schlägt in seine zurückweichende
Hüfte die giftigen Kiefern. Da ist seine Kraft erschöpft, die
in seinen Gliedern noch nachklingende, so lange versuchte