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zum Aufgehen
Bis
Römertum.
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des Griechentunxs
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Kultur die östliche Welt; von allen Küsten des Mittelmeeres
wurden weithin die Keime griechischer Bildung getragen: es
brach die Zeit des sogenannten Hellen ismus an. Aber diese
Ausbreitung sollte den Griechen selbst nicht zum Segen ge-
reichen, denn mit ihr war Verllachung verbunden. Die Grie-
chen standen so unendlich hoch über den Barbaren, dafs auch
der Mittelmäfsige als ein Apostel der Bildung gepriesen wurde,
und indem so die Mittelmäfsigkeit, die früher bescheiden
zurücktreten mufste, hervorgezogen wurde, blieb das Genie,
das früher auf heimischem Boden im ernsten Wettkampf mit
andern erstarkt war, jetzt, da es diese Anregung nicht mehr
fand, meist hinter der Höhe zurück, zu der es unter andern
Umständen hätte gelangen können. jenes fremde Element,
mit dem das Griechentum auf künstliche Weise sich vereini-
gen sollte, wirkte auf die überlegene Kultur nur an wenigen
Orten befruchtend ein, und neue Triebe anzusetzen gewann
das Griechentum auf fremdem Boden, unter fremden Verhält-
nissen nur hier und da die Kraft. Die Freiheit, einst das
höchste Gut der Hellenen und zugleich der fruchtbarste Boden
für Entwickelung genialer Kräfte, war dahin. Der Stolz auf
den Ruhm des eigenen, oft so kleinen Vaterlandes, welcher
angespornt hatte, im Wetteifer mit dem Nachbar das Höchste
zu leisten, er war dahin. Die Religiosität, die nie versiegende
Quelle erhabener Kunstschöpfungen, war mehr und mehr teils
der Philosophie, teils der sittlichen Entartung erlegen. Und
bedeutsame Ereignisse, die erschütternd auf die Gemüter ge-
wirkt und die Kunst auf neue Bahnen gelenkt hätten, blieben
fast überall aus, nachdem die Welt die schwere Krankheit
der begeisterungslosen Diadochenkämpfe hinter sich hatte.
Was aber kann eine Kunst wirken, der der sittliche und reli-
giöse, der nationale und historische Hintergrund fehlt? Nur
eine einzige von all den Bedingungen, welche für das Gedeihen
der Kunst nötig sind, war an mehreren Orten vorhanden;
Reichtum; aber Reichtum im Besitze weniger, denen die
Kunst als Sklave dienen mufste. So schwand zwar die Kunst-
übung nicht, vielmehr wurde auf Befehl verschwenderischer,
glanzliebender Fürsten vieles geschaffen, aber nur an wenigen
Orten Eigenartiges. Was man zumeist hervorbrachte, waren
entweder geschickte und elegante Nachahmungen früherer
Denkmäler, oder Werke, die, der Laune des Angenbliekes
entsprungen, auch blofs dem Augenblicke zu dienen hatten,
nämlich der Verherrlichung der grofsartigen Feste der Fürsten.
Das Bewufstsein oder wenigstens die Hoffnung, für die Ewig-
keit zu schaffen, die den Künstler oft über sich hirraushebr,
konnte unter solchen Umständen nicht vorhanden sein,