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griechische Kunst.
Die
König nur von diesem Künstler plastisch dargestellt sein
wollte, ja sogar eine Verfügung dieses Inhaltes erliefs.
Porträt Alexanders des G-rofsen im Louvre. Unwahr-
scheinlich ist es daher, dafs das Bildnis, welches Taf. 21, Fig. 5
wiedergiebt und das sicher Alexander d. Gr. vorstellt, auf
Lysippos zurückgehe; denn mag es auch recht ähnlich sein,
so ist es doch wenig schön. Auch hier ist der Hals geneigt,
auch hier ist das Auge etwas klein, auch hier hat das Haar
etwas Mähnenartiges, und der Gesamtausdruck ist durchaus
nicht weichlich: gewifs hat der Verfertiger des Originals auch
die Natur darzustellen gelernt; aber den schwärmerischen Zug
des Helden vermissen wir, der Ausdruck des Kopfes ist
nüchtern. Da Alexander, wenn er sich auch sonst von nie-
mandem porträtieren lassen wollte, doch keinem verbieten
konnte, ihn plastisch darzustellen, so ist dieses Bild Wohl auf
irgend einen anderen Künstler jener Zeit zurückzuführen.
Sophokles. Derselben Zeit etwa gehört auch die fol-
gende Statue an (T'ai 21, Fig. 6), die nach ihrer Ahnlichkeit
mit anderen beglaubigten Porträts des Sophokles unzweifelhaft
diesen grofsen Dichter darstellt. Wir erblicken das über-
lebensgrofse Bild eines schönen, würdigen Mannes in den
kräftigsten Jahren. Er ist mit dem Vollgewicht seines Körpers
auf das rechte Bein gestützt, während das linke vorgestreckt
ist. Der linke Arm, vom Chiton umschlossen, ist mit vor-
nehmer Leichtigkeit in die Hüfte gestemmt, die rechte Hand
sieht aus dem über die Schulter geworfenen und einen Bausch
bildenden Gewande bis zum Handgelenke hervor. Die heraus-
tretenden Ellenbogen verleihen dem Bilde, indem sie den
Oberkörper breiter erscheinen lassen, grofse Würde. Dadurch,
dafs der linke Ellenbogen an der eingezogenen Seite des Körpers
stärker hervortritt als der rechte, wird auch symmetrisches
Gleichgewicht hergestellt. Von gröfster Schönheit ist der ein-
fach edle Faltenwurf; indem bedeutende Falten von der linken
Hüfte nach dem rechten Kniee sich ziehen, wird auch hier
ein Gegengewicht gegen das vertretende linke Bein erreicht.
Der ein wenig nach links gewandte Kopf ist etwas erhoben;
mit sicherer Klarheit blicken die Augen hinaus. Die leicht
gefurchte breite Stirn erzählt uns von den reichen Erfahrungen
des gereiften Mannes. Sie wird von schlichtem Haar um-
geben, dessen Behandlung an Erzstatuen erinnert; um den
KOPf trägt er eine Binde. Zierlich angeordnet ist der volle
Bart, der in schönen Locken nach vorn gelegt ist. Dem wohl-
wollenden Ausdrucke des leise geöffneten Mundes mischt sich
ernste Strenge bei durch die scharfen Linien, in denen der
Bart der Oberlippe herabgeht. Der gesamte Ausdruck des