Kap
des Grofsen.
Tode Alexanders
Bis zum
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unten breite Gesicht macht nicht den Eindruck, als ob durch
die Statue eine ganze Gattung dargestellt werden solle (ist
nicht typisch), sondern als 0b eine bestimmte Persönlichkeit
vorgestellt werden solle (ist individuell); das zeigt sich beson-
ders auch im Ausdrucke der Augen und in der leicht ge-
furchten Stirn. Die Haare sind der vorhergegangenen Thätig-
keit entsprechend etwas wirr; mit lockerer Leichtigkeit fügen Sie
sich, zu kleineren Partieen vereinigt, nur ihrer Elasticität ge-
horchend und dem Gesetze der Schwere folgend, dem Kopfe an.
Über Lysippos. Unser Bild geht auf ein Erzbild des
Lysippos zurück und zeigt augenfällig dessen Eigenart. Er nahm
mit Vorliebe seine Stoffe aus der sichtbaren Welt, hatte die Natur
genau beobachtet, glaubte aber die Menschen etWaS schlanker
darstellen zu sollen, als sie wirklich sind. Man denke sich
von dem Bilde links hinten den Baumstamm weg, rechts den Stab,
welcher den Arm stützte, und endlich den Untersatz unter
dem rechten Fufs, so wird man inne werden, wie es ihm in-
folge seiner Naturbeobachtung gelungen ist, einen der Wirk-
lichkeit entnommenen Moment so fruchtbar darzustellen, dafs
man die Bewegung vorher und nachher mit zu sehen glaubt.
Porträt Alexanders des Grofsen. Unter Taf. 21, F ig. 4
wird uns der Kopf eines Mannes vorgeführt. Charakteristisch
an ihm ist die Energie des Gesichtsausdruckes, die einen
Heros vermuten läfst, sowie der schwärmerisch aufwärts gerichtete
Blick und die mähnenartige Behandlung des ;Haares. Man
vermutet, dafs der Kopf ein Porträt Alexanders d. Gr. von
Lysippos sei"). Plutarch weifs von Lysippos zu erzählen,
dal's er in den Alexander-Porträts die schiefe Haltung des
Nackens, welcher nach der linken Seite geneigt war, und die
Feuchtigkeit des Blickes nach genauester Beobachtung wieder-
gegeben, dabei aber doch das mannhafte, löwenähnliche Aus-
sehen bewahrt habe. Dem entspricht unser Bild völlig; das
Antlitz ist ebenso edel, wie lebensvoll; die kräftige Nase ver-
leiht ihm den Ausdruck der Energie, die tiefliegenden Augen
zeigen Klugheit, der emporgerichtete Blick Schwärmerei, die
vollen Lippen einen Zug von Sinnlichkeit, das volle, schön ge-
ordnete Haar erinnert an den Löwen. An das kleine Ge-
brechen des Königs gemahnt uns nichts, und doch ist es nicht
verschwiegen: der Kopf ist nach der linken Seite geneigt.
Wir haben also ein Porträt vor uns, das die Person verklärt,
insofern durch geschickte Behandlung die Schwächen nicht
beseitigt, sondern zur Verstärkung des Gesamtausdruckes
verwendet, die vorteilhaften Seiten aber stärker betont werden.
Dafs gerade Lysippos in solcher Weise das Porträt Alexanders
idealisiert hatte, läfst sich auch daraus schliefsen, dafs der