Tode Alexanders des
Bis zum
Grofsen
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der nächstfolgende Bruder (Fig. 2 k) ist getroffen, aber nicht
gebeugt; schon ins Knie gesunken ballt er noch die Faust
und blickt trotzig zu der Tod entsendenden Gottheit empor.
Der links sich anschliefsende Bruder (Fig. 22') steht mit dem
rechten Bein hinter einem Felsen; er scheint noch unverletzt
und stürmt mit aufgehobener Rechten nach der Mitte. Die
folgende Gestalt (Fig. 272) ist nur vermutungsweise als eine
Niobide bezeichnet, und zweifelhaft ist es auch, ob sie hier
an richtiger Stelle eingeordnet ist. Es ist ein angstvoll sich
zusammenduckendes Mädchen, das furchtsam emporblickt und
beide Hände erhebt zur Abwehr oder zur Bitte. Dann folgen
wieder zwei Gestalten (Fig. 25T), die man wohl mit Recht zu
einer Gruppe vereinigt hat: der Pädagog mit dem jüngsten
Sohne. Mit erhobener Rechten flieht der Knabe, sein Erzieher
umfafst ihn schützend mit der Rechten, während er die Linke
xfroll Entsetzen emporhebt. Seine Tracht, besonders die langen
Arme] und die Fufslvekleidung, giebt ihn als einen Mann zu
erkennen, der nicht einer griechischen Königsfamilie angehört.
Der Kopf des Mannes ist ergänzt nach der durch mehrere
andre Darstellungen des Vorganges bestätigten Annahme, dafs
hier nur der Pädagog seine Stelle haben könne. Nach dieser
Gruppe ist mit Recht von Overbeck eine Lücke angesetzt;
wo eine weitere Lücke anzunehmen sei, ist unklar, denn vier-
zehnöit) Kinder hatte die Niobe nach der gewöhnlichen Sage,
zwölf nur, die sich mit einiger Sicherheit ermitteln liefsen,
führt die Abbildung vor.
Während alle bis jetzt besprochenen Gestalten rechts und
links mehr oder weniger im Profil gehalten sind, ist die Mutter
Niobe (Fig. 2f) als Mittelligur kenntlich gemacht durch ihre
Stellung nach vorn, so dafs die Doppelbevvegung der Seiten-
Hügel an ihr sich bricht; auch ist sie durch gröfseren Mais-
stab ihrer Formen über die anderen hinausgehoben und über-
ragt alle an Adel. Während alle anderen durch die plötzlich
von zwei Seiten hereinbrechende Gefahr erschreckt iliehen, um
noch Rettung zu finden, ist Niobe, die sicher treffenden Todes-
pfeile der rächenden Götter erkennend, nur ihrem ängstlich die
Mutter suchenden jüngsten Töchterchen entgegengeeilt. Das
beweist die noch nachhallende Bewegung ihres Gewandes und
die Haltung der linken Hand, die den infolge des raschen
Herbeieilens zurückbleibenden Mantel nachzieht. An Flucht
denkt sie nicht, sie ahnt, dafs zu entrinnen unmöglich ist.
Aber noch weniger läfst sie sich zum Flehen herab, denn sie
weifs, dafs die beleidigte Göttin unversöhnlich ist. Mit hoheits-
vollem Schmerz ergiebt sie sich in das furchtbare, aber un-
abwendliche Geschick.