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Bis
Tode
des Grofsen.
Alexanders
121
Arm leicht, mühelos und voll Grazie ist, so ist der Körper
blühend in jugendlicher Mannesschönheit, weder ist er hager
noch fleischig, weder fehlen ihm die Kraft ancleutenden Mus-
keln, noch erinnert er an die Mühsal menschlicher Anstren-
gung. Der edelgeformte, von kurzen, krausen Locken be-
deckte Kopf mutet uns aber besonders lieblich an durch die
Wiederspiegelung rein menschlicher Empnndung in Mund und
Auge. Diesem Hermes ist die selbstsüchtige Verschlagenheit
fremd, die sonst dem Gotte eignet. Voll Liebe giebt er
sich seiner Aufgabe hin U3). Die Gruppe erinnert an Eirene
mit dem Plutoskinde (S. 116), nicht zufällig, denn Praxiteles
ist der Sohn des Kephisodotos. Solch ein Originalbild wie
der Hermes läfst uns durch die hohe Vollendung seiner
Darstellung ahnen, was jene grofsen Meister wirklich geleistet
haben, von deren Werken wir meist nur mehr oder weniger
getreue Nachahmungen besitzen. Und dabei gehört der Hermes
noch nicht einmal zu den Bildern des Praxiteles, welche die
Alten mit Auszeichnung nennen G4).
Wir wenden uns zur Betrachtung der Gruppe der Nio-
biden. (Taf. 19, Fig. Za-l.) Es ist noch zweifelhaft, wie
man sich ihre ursprüngliche Aufstellung zu denken hat, und
welche Anordnung der Figuren unter sich die richtige ist.
Wir folgen der Anordnung, wie sie von dem Kunsthistoriker
Overbeck in seiner Geschichte der griechischen Plastik gegeben
ist, da diese die einzelnen Gestalten zu einer ziemlich ein-
heitlichen Gruppe verbunden zeigt. Es handelt sich um die
plastische Darstellung des Untergangs der Niobe mit ihrem
ganzen Geschlechte. Niobe, des vielbesungenen Tantalos
Tochter, des thebanischen Königs Amphion Gemahlin, einst
Gespielin der Göttin Leto, hatte sich, stolz auf ihre Nach-
kommenschaft, dieser ihrer früheren Freundin gegenüber ge-
brüstet, dafs sie Mutter von sieben Söhnen und sieben Töch-
tern sei, während jene nur zwei Kinder, den Apollon und die
Artemis, geboren habe. Ja, im Übermafs des Hochmutes hatte
sie den Thebanern verboten, der Leto und ihren Kindern
Opfer darzubringen; ihr Selbst vielmehr sollten sie göttliche
Verehrung erweisen. Hierdurch schwer gekränkt, bat die
Göttin ihre Kinder, die Götter des vlanghinstreckendenn
Todes, rlie Vermessenheit des irdischen _Weibes zu Strafem
Und die beiden Geschwister ergreifen die Bogen und voll-
führen den grausamen Wunsch der ztirnenden Mutter; Niobe
sieht in plötzlichem Tode ihre sämtlichen Kinder dahinster-
ben. Sie erstarrt darüber vor Schmerz und wird von den
Göttern, verwandelt in Stein, auf die einsamen Höhen des
Sipylos in die Nähe ihrer Heimat versetzt, wo man in einem