Kap
Bis
Krieges.
peloponnesischen
zum Ende des
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die Augen verschieden. Bei der ersten (Fig. 7) sind sie länger,
aber minder weit geöffnet, die Winkel an der Nase sind spitz,
die Augenlider springen weit hervor, die Augenbrauen ziehen
sich im flachen Bogen darüber hin ; bei der andern (Fig, 3)
ist das Auge runder, weiter geöffnet, die Winkel an der Nase
sind abgerundet, die Augenbrauen sind kräftiger gebildet.
Die Nasen sind bei beiden fast gleich, nur sind bei der Nea-
peler die Nasenflügel stärker entwickelt. Die Wangen zeigen
bei dieser geringere Fülle; die Ohren sitzen, wie das bei
altertümlichen Bildern der Fall zu sein pflegt, etwas zu hoch.
Bei der Hera Ludovisi zeigen die Wangen Rundung und Fülle,
die Ohren befinden sich an der richtigen Stelle. Bei jener
verleiht das unten eckig gebildete Kinn dem ganzen Gesicht
trotz des, wie bei der Hera Ludovisi, leise geöffneten Mundes
den Ausdruck des Herben, der noch durch die herabgezoge-
nen Mundwinkel gesteigert wird. Bei dieser ist denMundivinkel
anmutiger, das Kinn runder. Alle diese Unterschiede berech-
tigen zu dem Schlusse, (lafs die Hera Farnese einer früheren
Zeit angehöre, wo man, dem hohen Stil entsprechend, in Kult-
bildern den Ernst der Göttlichkeit zum Ausdruck bringen
wollte, die Hera Ludovisi dagegen einer späteren Zelt, die
mit der unnahbaren Hoheit der Götterkönigin die Anmut und
Milde des Weibes zu paaren wufste. „Indem der weibliche
Gott, sagt Schiller von der Hera Ludovisi, unsere Anbetung
heischt, enzündet das gottgleiche Weib unsere Liebe; aber
indem wir uns der himmlischen Holdseligkeit aufgelöst hin-
geben, schreckt die himmlische Selbstgenügsamkeit uns
zurück."
Über die Hera des Polykleitos. Die Hera Ludo-
visi hat lange als die Nachbildung eines im Altertum viel-
gepriesenen Werkes gegolten, nämlich der Hera des Polykleitos,
Dieser war der Hauptvertreter der sikyonisch-argivischen Kunst-
richtung. Als im Jahre 423 nach einem Brande der Tempel
der argivischen Hera wieder aufgebaut wurde, erhielt er den
Auftrag, das Kultbild für denselben aus Gold und Elfenbein
zu machen. Es lag daher der Schlufs nahe, dafs das schönste
uns erhaltene Bild der Hera, eben das der Villa Ludovisi,
auf diese hochberühmte Schöpfung des Polykleitos zurück-
gehe. Doch ist diese Annahme nunmehr wohl allgemein als
Irrtum erkannt, da für den hohen Stil, der auch dem Poly-
kleitos eigen war, dies Bild zu anmutvoll ist. Es ist wohl
aus der attischen Schule einer späteren Zeit hervorgegangenü).
Mit nicht viel gröfserer Wahrschernlichkeitü) nimmt 1113,11
nähere Beziehungen der Hera Farnese zu der des Polykleitos
Pin; eine unmittelbare Nachbildung kann sie jedenfalls nicht