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des peloponnesischen Krieges.
Bis zum Ende
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Ägineten noch fanden, ohne dafs aber die dafür eintretende
Anmut zur Weichlichkeit geworden wäre. Zugleich herrscht
Naturwahrheit und Lebendigkeit, verbunden mit selbstbewufs-
ter Mäfsigung, in den Werken seiner Schule. Das zeigt sich
in den Giebelgruppen des Parthenon, wo die kräftige Schön-
heit der männlichen Heroen wetteifert mit der edlen Anmut
der Frauen; das zeigt sich in der gröfsten Zahl der Metopen,
wo der Künstler halb tierische Phantasiegebilde zu förmlich
organischen Wesen zu gestalten wufste, die sich trotz des Auf-
gebotes ihrer tierischen Kraft in den Schranken schöner
Mäfsigung bewegen; das zeigt sich vor allem endlich in dem
figurenreichen Friese, wo die edle Form der zahllosen Ge-
stalten höchstens von der Unerschöpflichkeit der Erfindung
und der Weisheit der Anordnung übertroifen wird.
Taf. 16, Fig. 5 bietet uns eine mit dem Helm bedeckte
Büste, welche nach der erhaltenen Unterschrift den Perikles
darstellt, den grofsen Staatsmann, dessen Hochherzigkeit, Ein-
sicht und Energie Athen seine künstlerische wie seine poli-
tische Bedeutung zu danken hat. Sein Gesicht zeigt weniger
die gewaltige Thatkraft, als es die ideale Denkweise desgro-
fsen Mannes wiederspiegelt. Indem der Kopf ein klein wenig
nach links geneigt und gewandt ist, gewinnt er den Ausdruck
sanfteren Gefühlslebens, der noch verstärkt wird durch den
milden Blick der Augen und die weiche Bildung des Mundes.
Das unter dem Helm hervorquellende Haupthaar 1st kurz ge-
lockt, der Bart liegt flach an. Die langgestreckte Nase hat
einen breiten Rücken und verläuft in die Stirne in fast unge-
brochener Linie. Wir nennen dies das griechische Profil,
indem wir hierin einen Gegensatz zu der bei uns gewöhn-
lichen Gesichtsbildung finden, wo über der Nase ein Winkel
ist. Diese Gestaltung des Prolils sowohl wie auch die glatten
Wangen des Perikles sind nicht der Wirklichkeit entsprechend.
Die Kunst der damaligen Zeit, die auch in der Nachbildung
eines wirklichen Einzelmenschen (im Porträt) nicht die ge-
meine Wirklichkeit darstellen wollte, verzichtete auf genaue
Wiedergabe der körperlichen Erscheinung im Einzelnen. Dies
gilt wohl auch von dieser Büste des Perikles, die wahrschein-
lich auf Kresilas, einen Zeitgenossen des Pheidias und Perik-
les, zurückgeht. Durch den Helm hat der Künstler hervor-
gehoben, dafs Perikles Strateg war. Mit RCCht; verlieh ihm doch
besonders dieses Amt die Macht, mit welcher er so lange Jahre
den attischen Staat regierte. Späterer Humor freilich wufste
zu erzählen, Perikles habe einen zu langen Kopf gehabt, und
um diese Häfslichkeit zu verdecken, habe er sich im Helm
darstellen lassen.