104
Kunst.
griechische
Die
bekränzte Nike, welche dem zu dem Götterbilde herantreten-
den Sieger mit ihren Händen den Kranz zu bieten scheint.
Unterstützt ist diese Hand bei Fig. 3 durch eine Säule mit
attischer Basis, aber abweichendem Kapitellm). Erscheint so
auch die Göttin als des Landes Hüterin in vollem Waffen-
schmuck, so ist sie doch nicht als Kampfesgöttin, sondern
„in heiterer Majestät siegreichen Friedens", und demgemafs in
vollster Ruhe gebildet. Wie alle Tempelbilder weicht sie,
entsprechend der Symmetrie des umschliefsenden Baues, nur
so weit von strenger Ebenmäfsigkeit ab, als nötig ist, um der
Statue etwas den ALISClIIICk des Lebens zu verleihen.
Rückblick auf den Parthenon. All dieser plastische
Schmuck des Parthenon ist der Idee nach einheitlich, er ist
durchdrungen von dem Grundgedanken: dankbar verherrlicht
das attische Volk die schützende Macht der gewaltigen Landes-
göttin. Solch ein einheitlich entworfenes und durchgefihrtes
Kunstwerk, das mit seiner Umgebung zur edelsten Harmonie
gestimmt ist, konnte nur entstehen durch das einträchtige Zu-
sammenwirken seltener Kräfte. Im Entwürfe und teilweise wohl
auch in der Ausführung rühren alle diese Werke von Pheidias
her, dem gröfsten Meister der Plastik aller Zeiten. Er war
der künstlerische Beirat des Perikles in allen Dingen und der
oberste Aufseher bei der Ausführung der Kunstwerke. Der
leitende Architekt war, wie erwähnt, Iktinos, ihm zur Seite
stand Kallikrates. Unter diesen Männern arbeitete damals, was
Attika von angesehenen Künstlern und Kunsthandwerkern be-
fafs, alle einem Willen untergehen und dienstbar, alle durch-
drungen von dem hohen Beruf, an diesem herrlichsten Werke
mitschaffen zu dürfen. Läfst sich hie und da auch ein Unter-
schied in der Arbeit herausfinden, so ist der Charakter all
dieser Leistungen doch immerhin so einheitlich, dafs wir die
Werke nicht nach einzelnen Meistern sondern können; freilich
können_wir aber auch nicht nachweisen, dafs eine der erhal-
tenen Kunstschöpfungen in der Ausführung von Pheidias' eige-
ner Hand stamme.
Zeus von Olympia. Von einem andern, noch mehr
gefeierten Werke des Pheidias, das seinen Namen im Altertum
am meisten berühmt gemacht hat, ist leider auch nichts erhalten,
ja wir sind aufNachahmungen angewiesen, die dem Original ohne
Zweifel ziemlich fern stehen: es ist der Zeus von Olympia. Doch
müssen wir wegen seiner hohen Berühmtheit uns eineVorstellung
von ihm zu machen suchen. Pheidias selbst soll gesagt haben,
dal's ihm bei der Schöpfung seiner Statue des Zeus jene Worte der
Ilias (1,328 ff.) Vorgeschwebt hätten, wo Zeus auf die Bitten der
Thetis, ihren Sohn Achilleus zu verherrlichen, Gewährung zuwinkt: