87
Ach, ebenso ist die Geschichte für Theodore
Rousseau, vielleicht selbst noch trauriger.
Beim Herausgehen habe ich mir die Landschaft
noch einmal wieder angesehen, die von Rousseau
im Luxembourg-Museum hängt. Ihr erinnert euch
des mächtig gekrümmten Baumes, der sich schwarz
auf dem düsteren Hintergründe eines Sonnenunter-
gangs absetzt. Kühe sind im Grase. Das war ein
tiefes und gequältes Werk; vielleicht nicht eine
sehr wahre Natur; doch interpretierte Rousseau
Bäume, Kühe und Luft in einem kraftvollen Geiste,
der uns in seltsamer Sprache die stechend er-
greifenden Empfindungen mitteilte, welche das Land-
leben in ihm entstehen liess.
Ich muss mich fragen, wie Roussau danach
zu der Geduldarbeit gekommen sein mag, in der
er sich heute gefällt. Man sehe seine Landschaften
in diesem Salon an. Die Blätter und die Steine
.sind gezählt, die Bilder scheinen mit Stäbchen ge-
malt, von denen die Farbe Tropfen auf Tropfen auf
die Leinwand gekommen ist. Die Interpretation
hat nicht die geringste Breite mehr; Alles wird
gezwungenermassen klein. Bei dieser minutiösen
Ausführung verschwindet das Temperament; das
Auge des Malers begreift den Horizont nicht in
seiner Weite, die Hand kann den empfangenen und
durch das Temperament zu übersetzenden Eindruck
nicht wiedergeben. Darum fühle ich nichts Lebendes
in dieser Malerei; ich fordere Theodore Rousseau