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nicht Schatten. Aber ich weiss, dass in ein Boudoir
ein ganz nackter Mann nicht hineingehört. Deshalb
malt ihr groteske Hampelmänner, die nicht unpas-
sender und nicht lebendiger sind als die Puppen
mit rosa Fleischfarben in den Händen der kleinen
Mädchen.
Das Talent geht anders vor: betrachtet die
wenigen sehenswerten Leinwände im Salon; sie
bilden ein Loch in der Wand, sind fast ungefällig,
sie kreischen, während die sanften Nachbarinnen
murmeln. Die Maler, die dergleichen Werke ver-
brochen haben, stehen ausserhalb der Gilde der
eleganten Wanddecorateure, von denen die Rede
war. Sie sind wenig zahlreich, leben aus sich
heraus, ausserhalb jeder Schule.
Ich habe es schon gesagt, wegen der Mittel-
mässigkeit unserer Maler kann man die Jury nicht
angreifen. Aber da sie glaubt, den Auftrag zu
haben, streng zu sein, warum erspart uns dann die
Jury nicht den Anblick all der Albernheiten? Wenn
ihr nur die Talente zulasst, so wird ein Saal von
drei Quadratmetern ausreichen.
Bin ich sehr aufführerisch gewesen, als ich
beklagte, dass die wenigen Temperamente, die wir
haben, nicht im Salon sind? Wir sind an Persön-
lichkeiten nicht so reich, um die refüsieren zu
können, die sich darbieten. Im übrigen weiss ich,
die Temperamente sterben nicht von einer Ablehnung.
Ich verteidige ihre Sache, weil sie mir gerecht