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Herz auf eine sanfte oder schreckliche Weise bewegt.
Ein Massenmord, wenn die zuckenden Opfer ächzen
und sich unter den sie bedrohenden Gewehren hin-
Schleppen, Oder ein entzückendes junges ganz in
Weiss gekleidetes Mädchen, das im Mondlicht sich
auf den Schaft einer Säule stützt und träumt. Ich
will sagen, dass die Menge in einem Bilde das
Sujet sieht, das sie an der Kehle packt oder im
Herzen ergreift und dass sie vom Künstler nur eine
Thräne oder einen Seufzer verlangt.
Für mich und für viele Leute, wie ich hoffe
ist ein Kunstwerk im Gegenteil eine Persönlich-
keit, eine Individualität.
Was ich vom Künstler verlange, ist nicht, mir
zarte Visionen oder schreckliches Albdrücken zu
verschaffen. Ich will, dass er sich selbst überliefert,
mit Herz und Fleisch, dass er einen mächtigen
und besonderen Geist bezeugt, eine Natur ist, die
kräftig die Natur in die Hand nimmt und sie ganz
aufrecht vor uns hinpflanzt nach seinem Sehen.
Mit einem Worte, ich habe die grösste Verachtung
für die kleinen Geschicklichkeiten, das interessierte
Schmeicheln, für das, was man im Studium hat
lernen können, für das, was hartnäckiges Arbeiten
geläufig gemacht hat; für alle die historischen
Theatereffekte, die von diesem Herrn, für die par-
fümierten Träumereien, die von jenem Herrn her-
rühren ich habe hingegen die grösste Bewunde-
rung für die individuellen Werke, die in einem
201a. „Malerei." 4